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Gefährliche Arbeitsstoffe

Endlich in Rechtskraft: Verordnung über brennbare Flüssigkeiten 2023

Die bisherige Situation bei der Lagerung brennbarer Flüssigkeiten war aufgrund alter, nicht GHS-konformer Bestimmungen unbefriedigend. Nun ist die technisch richtige Lagerung brennbarer, entzündbarer Flüssigkeiten seit 1. März 2023 über die neue Verordnung brennbarer Flüssigkeiten (VbF 2023) geregelt. Eine entsprechende Entwurfsfassung war bereits seit dem Jahr 2018 im Rechtsinformationssystem (RIS) abrufbar.

brennbare Flüssigkeiten
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Da bereits seit Längerem eine Entwurfsfassung der Verordnung vorlag und weil es sich bei der nunmehr außer Kraft getretenen VbF 1991 um eine ausnahmefähige Verordnung handelt, wurden einige Lager für brennbare Flüssigkeiten über Ausnahmegenehmigungen schon vor dem 1. März 2023 genehmigt. Jedoch wurde dies regional sehr unterschiedlich gehandhabt. Daher gleich zu Beginn eine wichtige Botschaft: Bereits genehmigte Lager haben Rechtsbestand. Allerdings sind diese, so die Eigenüberprüfung gemäß § 82b-GWO 1994 eine wesentliche Änderung zum Genehmigungsbescheid ergibt, gemäß der neuen Bestimmung nachzurüsten. Ebenso betroffen sind die in § 49 aufgelisteten Übergangsbestimmungen für Lagerbehälter, die zu den jeweiligen Terminen nachzurüsten sind. Dafür ist je nach Herstellung des Lagerbehälters eine vierteilige zeitliche Staffelung von 2025 bis 2040 vorgesehen. Diese Bestimmung wird jedoch hinsichtlich der genauen Umsetzungsfristen noch novelliert werden. Geplant ist Folgendes: Ein Lagerbehälter mit positiver Druckprüfbescheinigung im Jahr 2025 muss erst spätestens am 31. Dezember 2027 den genauen Vorschriften der VbF entsprechen; besteht dieser Behälter erneut die Druckprüfung ab 1. Jänner 2027, verlängert sich die Entsprechungsfrist auf 31. Dezember 2029. Ebenso sind mit einer 10-jährigen Übergangsfrist nicht sichtbare Rohrleitungen zum Befüllen und Entleeren solcher Lagerbehälter in doppelwandiger Ausführung betroffen.

Arbeitnehmer:innenschutzrechtliche Vorschriften, wie Manipulationen in Lagern im Rahmen der passiven Lagerung, aber insbesondere der aktiven Lagerung (Details zu passiver/aktiver Lagerung weiter unten im Text), sind ehestmöglich auch im Rahmenschluss mit anderen gesetzlichen Vorschriften umzusetzen. Wichtig zu beachten sind die VEXAT-Verordnung brennbarer Flüssigkeiten, die §§ 59 und 60 AAV – Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung bei Reinigungsvorgängen (Befahren von Behältern) sowie der § 65(4) AAV für die Lagerung brennbarer Flüssigkeiten mit Zusatzeigenschaften. Die Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung mit der Mindestkennzeichnungsverpflichtung für die Lagermengen ist in BGBl II Nr 101/1997 in § 1a mit Novelle BGBl II Nr 184/2015 (seit 1. Juli 2015), geregelt. 

Geltungsbereich VbF 2023 – rechtliche Abgrenzung

Gemäß § 1 ist die VbF:

  • eine gewerberechtliche Vorschrift für zukünftig genehmigungspflichtige Betriebsanlagen; sie gilt auch für bereits genehmigte Anlagen mit den Übergangsbestimmungen in 9. Abschnitt § 49
  • auch gültig für genehmigungsfreie Betriebsanlagen
  • auch eine eisenbahnrechtliche Vorschrift 
  • eine rohrleitungsrechtliche Vorschrift, jedoch nur zur Entnahme und Beschickung eines Lagerbehälters
  • eine arbeitnehmer:innenschutzrechtliche Vorschrift für Arbeitsstätten, auswärtige Arbeitsstellen, Baustellen gemäß ASchG
  • gültig in Apotheken gemäß Apothekengesetz
  • eine luftfahrtrechtliche Vorschrift für die Lagerung und Abfüllung brennbarer Flüssigkeiten auf bzw. in Bodeneinrichtungen und nach Maßgabe des 9. Abschnitts auf bzw. in bereits bewilligten Bodeneinrichtungen

Keine Anwendung erfährt die VbF 2023 stoffintrinsisch für:

  • brennbare Flüssigkeiten als Bestandteil von Arzneimitteln
  • Lebensmittel (Rum, Spirituosen, etc.)
  • Aromastoffe
  • Futtermittel
  • Kosmetika
  • Medizinprodukte
  • Bestandteile von Aerosolen (Spraydosen) mit flüssigen, brennbaren Bestandteilen

Keine Anwendung erfährt die Verordnung ferner für:

  • Lagerung in Behältern von mehr als 130 m³
  • Lagerung einer Gesamtmenge von mehr als 520 m³
  • Lagerung in schwimmenden Schifffahrtsanlagen
Flammable liquid symbol on the chemical tank, Flammable and dangerous chemicals in industry
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Neue Begriffe: aktive und passive Lagerung

In § 4 der VbF 2023 wurde in Anlehnung an die TRGS 510 der Begriff der aktiven und passiven Lagerung übernommen. Die TRGS 510 umfasst die Lagerung sämtlicher gefährlicher chemischer Gemische, Produkte und Stoffe (mit Ausnahme von Sondergruppen wie Sprengstoffen, Gefahrgutgegenständen wie Lithiumbatterien und fertigen chemischen Erzeugnissen).

Aktive Lagerung ist eine Entnahme bzw. Befüllung am Lagerort, am Ort der Aufbewahrung zur Entnahme, Befüllung oder als Sammelbehälter aufgestellt oder verwendet, es erfolgt eine zeitweilige Öffnung. Alle Gebinde sind sauber wieder zu verschließen, Rückstände sind aufzunehmen. Insbesondere ins Explosionsschutzkonzept bzw. -dokument sind Reinigungsvorgänge sowie ungewolltes Verschütten als vorhersehbare Störungen aufzunehmen. Passive Lagerung bedeutet ständig dicht verschlossen.

Das Rückstellen geöffneter und wieder verschlossener Gebinde setzt deren technische Dichtheit (siehe Begriffsdefinition in § 4) voraus. Dies wird in der Regel nur bei Systemgebinden (baumustergeprüft, zur Wiederbefüllung vorgesehen oder zumindest geeignet) der Fall sein. Das bedeutet, dass Lackdosen und Einmalgebrauchsgebinde hinsichtlich ihrer technischen Dichtheit im Einzelfall auf festzuhaltender organisatorischer Ebene zu beurteilen sind: Arbeitsanweisungen für das VbF-Lager und deren Kontrolle sind nötig.

Lagerungsdefinition

Lagerung (gem. § 2 der VbF 2023) ist das Vorhandensein von brennbaren Flüssigkeiten zwecks Aufbewahrung in Behältern für eine betriebliche Tätigkeit oder für die Abgabe an Dritte. Lagerung liegt auch vor, wenn brennbare Flüssigkeiten zur Schau gestellt oder zum Verkauf bereitgehalten werden. 

Begriffsdefinitionen nach GHS, ADR und VbF 2023

Flüssigkeiten, die zündfähigen Dampf abgeben können und deren Flammpunkt (§ 4 Z 1) nicht höher als 60 °C liegt, sind brennbare Flüssigkeiten nach der VbF 2023. Der korrekte technische Fachbegriff würde eigentlich „entzündbar“ lauten, trotzdem hat sich „brennbar“ im Sprachgebrauch durchgesetzt. Die in der VbF 1991 in § 5 erwähnten zwei Gruppen brennbarer Flüssigkeiten (A – mit Wasser nicht mischbar; B – wassermischbar) werden in der neuen Bestimmung nicht mehr unterschieden. 

Brennbare Flüssigkeiten: Bestimmungen zu Lagermengen

Detaillierte Lagermengenbestimmungen sind im 5. Abschnitt der Verordnung zu finden. Für oberirdische Lagerung sind die zutreffenden Mengenobergrenzen je Gefahrenkategorie (1–4) in einer Zentraltabelle in § 33 zusammengefasst.

Sicherheitsschrank

Welche technischen Anforderungen Sicherheitslagerschränke zu erfüllen haben, regelt § 12: Sicherheitslagerschränke sind sicherheitstechnisch geprüfte Produkte (DIN EN 14470-1). Werden Filteraufsätze verwendet, gilt folgende Einschränkung: Die Höchstlagermenge brennbarer Flüssigkeiten von Kategorie 1 und Kategorie 2 darf in Summe maximal 100 Liter betragen (statt 550 Liter). 

Brennbare Flüssigkeiten: Bestimmungen zum Lagerort

Lagerräume müssen eine ganze Reihe baulicher Anforderungen erfüllen. Diese sind in § 11 der VbF 2023 angeführt. Die OIB-Richtlinie Nr. 2 und unter Umständen Nr. 4 aus dem Jahr 2019 ist für die Errichtung von Lagerräumen und Lagergebäuden anzuwenden.

Technische Ausführung von Lagerbehältern und zu-gehörigen Rohrleitungen

In § 5 VbF 2023 sind die Grundsätze für die zu verwendenden Materialien für Lagerbehälter und zugehörige Rohrleitungen aufgelistet. Die Werkstoffe müssen für mechanische, thermische und chemische Beanspruchungen geeignet sein. Ferner müssen sie ausreichend dicht sein, was bei Metallen immer gegeben ist, und gemäß § 23 einem Prüfdruck standhalten. Die VbF 2023 enthält im 2. Abschnitt in folgenden Paragrafen eine Reihe technischer Ausführungsvorschriften:

§ 6 Ausstattung und Einbau von Lagerbehältern
§ 7 Technische Ausführung – oberirdische Lagerbehälter
§ 8 Technische Ausführung – unterirdische Lagerbehälter
§ 9 Technische Ausführung – ortsbewegliche Behälter
§ 10 Technische Ausführung – Rohrleitungen zum Füllen und Entleeren von Behältern
§ 11 Technische Ausführung – Lagerräume, Lager-gebäude und Lager-bereiche
§ 12 Technische Ausführung – Sicherheitsschränke
§ 13 Technische Ausführung – Auffangwannen

Auffangwannen 

Die Bestimmungen in § 13 der VbF 2023 betreffend Lagerung in bzw. über Auffangwannen sind nun deutlich benutzer:innenfreundlicher als in der Vorversion. 

Das Auffangvolumen ist in den §§ 11 und 12 geregelt und muss entweder so groß sein wie das größte gelagerte Gebinde oder mind. 10 Prozent der gelagerten Menge im Lagerbereich entsprechen.

Schutzstreifen

Gemäß § 34 sind Schutzstreifen bei oberirdischer Lagerung einzurichten. Das darf auch eine innerbetriebliche Transportfläche sein, d. h., Verkehrsflächen können miteinbezogen werden.

Zusammenlagerung

Diese ist in § 32 als Erlaubnis geregelt. Für eine Zusammenlagerung von brennbaren Flüssigkeiten mit anderen brennbaren Flüssigkeiten (mit Nebeneigenschaften) oder generell anderen Stoffen, welche außer der Brennbarkeit weitere Gefahrenmerkmale gemäß CLP-V ausweisen, ist für die brennbaren Flüssigkeiten nur die Entzündbarkeit relevant. 

Aerosole/Spraydosen sind brennbaren Flüssigkeiten der Gefahrenkategorie 2 gleichzustellen und deren Lagermenge ist anhand der Tabellen zu berechnen.

Stoffliche Zusammenlagerungsverbote

Diese Verbote sind indirekt § 30 zu entnehmen. In Räumen und/oder Bereichen, wo gelagert, abgegeben oder umgefüllt wird, ist die Lagerung und Verwendung sonstiger Stoffe und Materialien, die Brände, Explosionen oder gefährliche Reaktionen mit brennbaren Flüssigkeiten auslösen können, verboten.

Prüfpflichten

Folgende Unterlagen bzw. Angaben und Darstellungen müssen vorgelegt werden:

  • Nachweise zum Flammpunkt (Sicherheitsdatenblätter)
  • Art der Lagerung (z. B. Art der Lagerbehälter, Zusammenlagerung, Lagerräume, Auffangeinrichtungen, Logistik – Manipulationen)
  • Lagermengen, aufgeschlüsselt nach Gefahrenkategorien 
  • technische Ausführung von Behältern, Rohrleitungen, Lagerräumen und Einrichtungen zur Manipulation (z. B. Füllstellen, Abgabeeinrichtungen)
  • Explosionsschutzkonzept
  • Blitzschutzsystem
  • Nachweise der Materialeignung (Lage- und Grundrisspläne, Rohrleitungspläne)

Prüfdrücke

Diese sind in § 23 geregelt. Lagerbehälter (bei unterteilten Lagerbehältern jede Kammer), Rohrleitungen und Armaturen müssen folgenden Prüfdrücken ohne Verformung standhalten:

  • oberirdische Lagerbehälter: größtmöglicher statischer Druck der zu lagernden Flüssigkeit
  • Rohrleitungen und Armaturen: Prüfung mit dem 1,5-Fachen des höchsten Betriebsdrucks, mindestens jedoch mit einem Prüfdruck von 5 bar
  • unterirdische und teilweise oberirdische Lagerbehälter: mindestens 0,3 bar über dem höchsten Betriebsdruck 

In § 28 sind die zeitlichen Prüffristen aufgelistet, die Behörde kann aber auch kürzere Fristen festlegen.

Brand- und Explosionsschutz

In § 14 sind die Grundsätze aufgelistet. Die einzustufenden Raumbereiche (Zonen) beziehen sich auf den bestimmungsgemäßen Betrieb. Sehr wichtig für das Grundverständnis des 3. Abschnitts der VbF 2023 ist § 15: Hier wird nur ein Explosionsschutzkonzept gefordert und im Verordnungsabschnitt präsentiert. Sowohl die Bestimmungen der VbF 2023 als auch jene der VEXAT müssen eingehalten werden. Dabei legt die VbF ein Konzept vor (das dem besten Wissen nach einzuhalten ist), jedoch muss erst gemäß § 5 VEXAT ein finales Explosionsschutzdokument erstellt werden.

Tank- und Füllstellen

Diese werden im 6. und 7. Abschnitt detailliert geregelt, § 47 regelt die Lagerbestimmungen in Verkaufsräumen.

Zusammenfassung

Die Verordnung brennbarer Flüssigkeiten (VbF) wurde novelliert und trat am 1. März 2023 in Kraft. Sie regelt die technisch richtige Lagerung brennbarer, entzündbarer Flüssigkeiten. Dieser Artikel bietet eine Übersicht über die wichtigsten Neuerungen durch die Novelle. Die Verordnung umfasst nun deutlich weniger Paragrafen und einfachere Regelungen, jedoch wird erst die Zukunft zeigen, wie diese Bestimmung auch praktisch umgesetzt wird.


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