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Gefährliche Arbeitsstoffe

Unsichtbare Gefahr im Holzpelletslager

Viele gewerbliche und private Heizanlagen werden mit Holzpellets betrieben. Obwohl die Anlagen weitgehend automatisiert arbeiten, muss man von Zeit zu Zeit in das Pelletslager einsteigen. Dort kann das lebensgefährliche Gas Kohlenmonoxid entstehen – tragische Unfälle zeugen immer wieder davon. Einfache Maßnahmen gewährleisten einen sicheren Betrieb.

Zwei Hände die in einen Menge an Holzpellets greifen und sie demonstrierend hochheben
© Adobe Stock / Vazgen Waka

Das Heizen mit Pellets kam schon während der Ölkrise der frühen 1970er-Jahre in Mode. Zwischen den Jahren 2000 und 2022 stieg die Zahl der Pelletkessel in Österreich dann von ca. 7.000 auf über 150.000 an und alleine im Jahr 2021 wurden 12.000 Neuanlagen installiert. Derzeit werden in Österreich rund 1,6 Millionen Tonnen Holzpellets produziert1. Entsprechend viele Pelletslager gibt es. Diese Lager bergen zwei Haupt-Gefahrenpotenziale: Staubexplosionen und Kohlenmonoxid-Vergiftungen. In diesem Beitrag liegt der Fokus auf der Gefahr durch Kohlenmonoxid, und zwar aufgrund tragischer Unfälle.

Gefahren im Pelletslager

Die beiden Haupt-Gefahrenpotenziale in Holzpelletslagern werden sowohl in der aktuellen Sicherheitsnorm für Pellets, ÖNORM EN ISO 200232, als auch in einem Erlass an die Arbeitsinspektorate3 abgehandelt. Es geht dabei um die mögliche Entstehung einer explosionsfähigen Atmosphäre durch Staub und um lebensgefährliche Konzentrationen des Gases Kohlenmonoxid (CO), das aus fertigen Holzpellets entweicht und sich im Lagerraum sammelt (­Details siehe Infokasten). Das Tückische daran: CO ist farb-, geruch- und geschmacklos und reizt die Atemwege nicht. Man merkt also nicht, dass man es einatmet. Dabei verdrängt es den Sauerstoff im Blutkreislauf und kann – je nach Konzentration – bereits nach wenigen Atemzügen zu Vergiftungserscheinungen bis hin zum Tod führen.

Tragische Unfälle

Erst im Februar 2023 starben in Lech am Arlberg im Pelletslagerraum eines Hotels zwei Mitarbeiter an einer CO-Vergiftung. Die Einsatzkräfte haben im Lager eine CO-Konzentration von rund 1.600 ppm gemessen. Der Anhang I der Grenzwerteverordnung4 legt die maximale Arbeitsplatzkonzentration (MAK) mit 20 ppm für einen 8-Stunden-Tag bei Einhaltung einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 40 Stunden fest, wobei während kürzerer Zeiträume (vier Mal pro Tag bis zu 15 Minuten) 60 ppm jedenfalls unterschritten werden müssen. Eine CO-Konzentration von 1.600 ppm (0,16 %) ist also sehr hoch. Es kommt dadurch zu Kopfschmerzen, erhöhter Herzfrequenz, Schwindel, Übelkeit bis hin zum Eintritt des Todes innerhalb kurzer Zeit. Schon im Jahr 2010 kamen in Remscheid (D) und im Februar 2011 in Horw (CH) Menschen durch eine CO-Vergiftung in Pelletslagern zu Tode.

Schutzmaßnahmen

Sowohl die Eigenschaften von Pellets, wie Wassergehalt und Staubabrieb, als auch die Lagerbedingungen sind in österreichischen und internationalen Normen geregelt. Normpellets müssen die Anforderungen der ÖNORM EN ISO 17225-15 erfüllen, denn ein hoher Wassergehalt verringert die Effizienz der Heizungsanlage und ein hoher Staubabrieb erhöht die Gefahr von Staubexplosionen in den Lagern.

Die wesentlichste technische Schutzmaßnahme zur Vermeidung hoher CO-Konzentrationen ist eine ausreichende Belüftung. Vorsicht bei Lagern, die vor 2012 errichtet wurden: Die damalige Regel der Technik, die ÖNORM M 71376, sieht keine Belüftung der Lager vor. Diese Lager sind demzufolge nachzurüsten.

Darüber hinaus müssen organisatorische Maßnahmen im Sinne des § 59 der AAV7 – Befahren von Behältern – gesetzt werden. Dazu zählen unter anderen die Bestellung einer fachkundigen Person, die schriftliche Anordnung von Schutzmaßnahmen (Freigabeschein), die Überwachung der Schutzmaßnahmen und das Kennzeichnen des Lagers mit Warnhinweisen. Ein Pelletslager darf erst betreten werden, wenn sichergestellt ist, dass eine atembare Atmosphäre vorherrscht. Das Mitführen von mobilen CO-Warngeräten ist eine sinnvolle Ergänzung.

Quellen:

[1] ProPellets Austria www.propellets.at, Zugriff am 11.8.2023

[2] ÖNORM EN ISO 20023 Ausgabe: 2019-05-01, Biogene Festbrennstoffe – Sicherheit von Pellets aus biogenen Festbrennstoffen – Sicherer Umgang und Lagerung von Holzpellets in häuslichen und anderen kleinen Feuerstätten (ISO 20023:2018)

[3] Erlass BMASK-461.308/0022-VII/A/2/2011 „Pelletslager – Ausnahme vom konstruktiven Explosionsschutz und Anforderung zur Vermeidung von CO-Gefahr” des ZAI vom 26.12.2011, www.arbeitsinspektion.gv.at/Suchergebnis.html?query=pelletslager, Zugriff am 11.8.2023

[4] Grenzwerteverordnung 2021, aktuelle Fassung BGBl. II Nr. 156/2021

[5] ÖNORM EN ISO 17225-1 Ausgabe: 2021-11-01, Biogene Festbrennstoffe – Brennstoffspezifikationen und -klassen – Teil 1: Allgemeine Anforderungen

[6] ÖNORM M 7137, Ausgabe: 2003-10-01, Presslinge aus natur­belassenem Holz – Holzpellets – Anforderungen an die Pellets­lagerung beim Endkunden

[7] Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung, AAV, BGBl. Nr. 218/1983, i.d.g.F.

[8] „Umweltgerechte Herstellung und Lagerung von Holzpellets: Verbundprojekt”, Teilprojekt 1, Abschlussbericht, Berichtszeitraum: 01.06.2009–30.09.2012, Universität Göttingen, 2012

Zusammenfassung

Fertige Holzpellets stoßen das Gas Kohlenmonoxid aus. In Lagerräumen kann es zu einer gefährlichen Konzentration des Gases kommen, die zu schweren Unfällen führen kann. Schutz bieten eine ausreichende Belüftung des Lagers und organisatorische Maßnahmen.


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