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Sicherheit am Bau

Hubarbeitsbühnen – Unfallgefahren minimieren!

Hubarbeitsbühnen sind, statistisch gesehen, rund 50-mal sicherer als Leitern und stellen somit bei sicherer Verwendung eine Alter­native dar. Allerdings kann es durch Unwissenheit oder Unterschätzen des Gefahren­potenzials zu schweren Unfällen mit Hub­arbeits­bühnen kommen. Mit einer um­fassenden Evaluierung kann das Risiko minimiert werden.

eine Arbeiterin in Schutzkleidung und mit Helm steuert eine Hubarbeitsbühne
© Adobe Stock / auremar

In Österreich sind ca. 10.000 Hubarbeitsbühnen im Einsatz. Bediener:innen einer Arbeitsbühne arbeiten in großer Höhe – bis über 100 Meter über dem Boden – und befinden sich dadurch immer wieder in gefährlichen Situationen. Trotzdem unterschätzen viele Beschäftigte das Gefahrenpotenzial, weil sich rund um den Arbeitskorb ein Geländer befindet. Durch eine ausführliche Evaluierung vor der Inbetriebnahme der Hubarbeitsbühne gelingt es, das Risiko beim Bedienen auf ein Minimum zu senken. Die Evaluierung setzt sich aus folgenden Punkten zusammen:

  • Eignung der Bediener:innen: Die Bediener:innen dürfen keine Höhenangst haben und müssen das 18. Lebensjahr vollendet haben.
  • Auswahl der geeigneten Bühne: Neben den Hauptkriterien wie Arbeitshöhe und seitliche Reichweite spielen auch Faktoren wie Innen- oder Außenanwendung, Allradantrieb, Geländegängigkeit, Neigung des Geländes und Bodenbeschaffenheit eine Rolle.
  • Einhaltung des STOPP-Prinzips als Präventions­maßnahme:

S … Substitution bzw. Gefahrenbeseitigung

  • Durch das Beseitigen von herumliegenden Teilen können gefährliche Situationen wie der Katapulteffekt oder sogar das Umstürzen der Bühne verhindert werden.
  • Auch durch die Wahl eines sicheren Aufstellungsorts, z. B. auf Asphalt anstatt auf der Wiese, wird das Arbeiten sicherer. Durch das Meiden von Kanaldeckeln, Schächten, Rigolen etc. kann das Umstürzen der Bühne verhindert werden.
  • Eine Bühne mit größerer Reichweite verwenden. Dies verhindert das Erhöhen des Standplatzes.
  • Hubarbeitsbühnen mit Raupenantrieb anstatt mit Radantrieb verwenden. Dadurch wird das starke Einsinken bei Böden mit geringer Tragfähigkeit verhindert.

T … Technische Maßnahmen

  • Der Schwenkbereich des Arbeitskorbs bzw. des Teleskops kann mit Baken am Betriebsgelände, auf Parkplätzen und Straßen großräumig gesichert werden. Auf öffentlichen Straßen können auch andere Fahrzeuge vorgestellt werden. Straßensperren zählen ebenso zu den technischen Maßnahmen.
  • Auch das Heben von Teilen mit einem Kran anstatt mit der Bühne fällt in diese Kategorie.

O … Organisatorische Maßnahmen

  • Alle Bediener:innen haben das Recht, sich von dem:der Vermieter:in auf die gemietete Bühne einschulen zu lassen. Speziell die Bodenbedienung und der Notablass sind wesentliche Schulungspunkte, da die Steuerungen bei jeder Hubarbeitsbühne anders funktionieren.
  • Genauso wichtig sind das Abgehen und somit die Beurteilung des Fahrwegs. Dadurch können Geländekanten, größere Bodenunebenheiten, Böden mit unterschiedlicher Tragfähigkeit, Bodenöffnungen etc. erkannt und bewertet werden. 
  • Das Einsehen in Pläne ermöglicht es, Hohlräume, Kanäle, Keller etc. zu erkennen, in die die Hubarbeitsbühne einbrechen und umstürzen könnte.
  • Bei Arbeiten in der Nähe von Hochspannungsleitungen muss mit dem Energieversorgungsunternehmen Kontakt aufgenommen werden, um die Freileitung abschalten zu lassen.
  • Zurverfügungstellen der persönlichen Schutzausrüstung (PSA) 
  • Erstellung eines Notfallkonzepts für Personen in Not. Ein solcher Notfall kann das Versagen der Hubarbeitsbühne, ein gesundheitliches Problem oder eine in der PSA gegen Absturz hängende Person sein. Auf dem Boden in der Nähe des Einsatzorts der Bühne muss immer jemand anwesend sein, der:die die Person in Not retten bzw. Maßnahmen zur Rettung einleiten kann.
ein Arbeiter in Schutzkleidung und mit Helm in Rückenansicht, gesichert über einen Brustgurt mit einem großen Karabiner an der Bühne
Auffanggurte und Höhensicherungsgeräte gehören zur notwendigen PSA gegen Absturz für das Bedienen von Ausleger- und Lkw-Bühnen © Adobe Stock / Chatchawal

P … Persönliche Schutzausrüstung (PSA)

  • Die notwendige PSA gegen Absturz für das Bedienen von Ausleger- und Lkw-Bühnen setzt sich aus folgenden Elementen zusammen:
  • Auffanggurt
  • Höhensicherungsgeräte mit einer Gesamtlänge von 1,8 m und einer Zulassung für die Verwendung von unten nach oben
  • Trilock-Stahlkarabiner
  • Helm für Höhenarbeit mit Vierpunktkinnriemen

Bei Senkrechthebebühnen ist zu evaluieren, ob eine PSA gegen Absturz notwendig ist. Sie ist auf jeden Fall zu verwenden, wenn dies in der Betriebsanleitung vorgegeben ist. Hinzu kommt die notwendige PSA für die auszuführende Arbeit, wie etwa eine Schutzbrille, ein Gehörschutz, PSA für Schweißen, PSA für Arbeiten unter Spannung, PSA für Baumschnitt etc.

Grundsätzlich kann bei jeder Hubarbeitsbühne ein sogenannter Katapulteffekt auftreten. Sollte dieser Effekt auftreten, der die Person aus dem Arbeitskorb schleudern kann, ist es das Ziel, die Person im Arbeitskorb zu halten. Dies kann nur mit einem Höhensicherungsgerät, das für die Verwendung in Hubarbeitsbühnen zugelassen ist, sichergestellt werden. 

Wird mit einer Auslegerbühne über ein Hindernis oder eine größere Vertiefung im Boden gefahren, so bewegt sich der Ausleger – das Teleskop – nach unten und spannt sich wie eine Feder vor. Auch der Arbeitskorb bewegt sich nach unten, da dieser über ein Gelenk mit dem Teleskop verbunden ist. Durch diese Bewegungen geht die Person im Korb in die Knie. Das Höhensicherungsgerät rollt sich auf und der Abstand zwischen den beiden Karabinern verkürzt sich auf ein Minimum. 

Ist das System, das aus dem Teleskop und dem Arbeitskorb besteht, am tiefsten Punkt angekommen, so dreht sich die Bewegungsrichtung um. Der Katapulteffekt beginnt zu wirken. Ab nun wird der Korb nach oben bewegt. Diese Energie wirkt auch auf den Körper der Person. Das Höhensicherungsgerät mindert die Energie auf den Körper der Person durch eine eingebaute Bremse oder einen Bandfalldämpfer. Durch die geringe Länge des Höhensicherungsgeräts bleibt der:die Bediener:in im Arbeitskorb. Aus diesem Grund ist die PSA gegen Absturz zu verwenden. 

P … Persönliches sicheres Verhalten (Auszug)

  • Zwei Füße am Boden des Arbeitskorbs und eine Hand am Geländer.
  • Richtige Reihenfolge einhalten: Zuerst die Position mit der Bühne anfahren, erst dann den Teleskoparm auffahren, schwenken und teleskopieren.
  • Kanaldeckel, Rigole, Schächte, eingebaute Rohre etc. als Aufstellort meiden, da bei Ausleger- und Lkw-Bühnen Belastungen von bis zu 90 % des Gesamtgewichts auf ein Rad bzw. eine Stütze auftreten. Es besteht Umsturzgefahr.
  • Abhängig von der Tragfähigkeit des Untergrunds sind die verschieden großen Unterlegplatten bei Lkw-Bühnen und sogenannten Spinnenbühnen zu verwenden.
  • Pfeilrichtung auf der Bühne mit dem Bedienhebel kontrollieren.
  • Den Korb immer in Blickrichtung bewegen.
  • Versetzfahrten nur, wenn sich der Arbeitskorb in Bodennähe befindet.
  • Bedienhebel langsam betätigen, vor allem, wenn sich der Korb in der Nähe von Gebäudeteilen befindet und somit Quetschgefahr für die Person im Korb besteht. 
  • Beim Befahren von Flächen mit größeren Neigungen ist die Bühne immer mit abgesenktem Arbeitskorb, eingefahrenem Teleskop, sehr langsamer Geschwindigkeit und talwärts positioniertem Korb zu bewegen.
  • Das sichere Erreichen der Standfläche (Boden) aus gehobener Korbposition bei größerer Hangneigung ist von der Position des Korbs in Bezug auf den Hang und der Reihenfolge der Hydraulikzylinderbetätigung abhängig.
  • Kran, Hallentore etc. abschalten und gegen Wiedereinschalten sichern. 
  • Üben der Bodenbedienung der Hubarbeitsbühne als Notfallmaßnahme, sollte die Person im Arbeitskorb die Bühne nicht mehr steuern können. 
  • Üben des Notablasses für den Fall einer Steuerungsfehlfunktion oder fehlenden Treibstoffs.

Unterschätztes Gefahrenpotenzial

Immer wieder ereignen sich schwere oder tödliche Unfälle durch die Kollision von Lkw mit dem Teleskop von Lkw-Bühnen und auch Teleskopbühnen – sogenannten Auslegerbühnen. Vor allem auf öffentlichen Straßen ist das Gefahrenpotenzial extrem hoch. Für die Reparatur von Ampeln und Beleuchtungskörpern in der Fahrbahnmitte oder die Montage der Weihnachtsbeleuchtung werden üblicherweise Lkw-Bühnen am Straßenrand abgestellt. Der Arbeitskorb wird in die Straßenmitte bewegt. Allerdings wird häufig der Verkehr in diesem Bereich nicht angehalten und Lkw und Pkw fahren unter dem Ausleger der Bühne durch. Bleibt ein Lkw mit dem Aufbau der Ladefläche am Teleskop der Hubarbeitsbühne hängen, so wird die Person aus dem Korb geschleudert und landet schwerst oder tödlich verletzt auf der Fahrbahn. Aus diesem Grund ist der Schwenkbereich des Teleskops gegen das Durchfahren zu sichern.

Beispiele für Unfallrisiken 

Ein tragischer, tödlicher Unfall ereignete sich in der Steiermark. Ein Schlosser verwendete für den Austausch von Balkongeländern an einem Einfamilienhaus in Hanglage eine Teleskop-Hubarbeitsbühne. Dabei fuhr er mit der austeleskopierten Bühne die schräge Wiese in Richtung Straße hinab. Das Fahrwerk stand quer zum Hang und der Korb war bergseitig hochgehoben. Das Gegengewicht war dadurch talwärts angeordnet. Der Schlosser fuhr das Teleskop ein und verkleinerte dadurch das Drehmoment, das durch die Korblast und den horizontalen Abstand zum Fahrwerk entstand. Dieses Drehmoment unterschritt letztendlich jenes durch das Gegengewicht, was zur Folge hatte, dass die Bühne talwärts umkippte. Der Mann wurde aus dem Korb auf die asphaltierte Straße geschleudert und verstarb noch an der Unfallstelle. 

Leider haben Hubarbeitsbühnenhersteller:innen für diese Situation keine sicherheitstechnische Maßnahme vorgesehen. Häufig sind Korbbewegungen in alle Richtungen bei geneigtem Fahrgestell möglich, was zu solchen höchst gefährlichen Situationen führt. Nur physikalisches Wissen und sicheres Handeln können derartige Unfälle verhindern. 

Unfall mit Todesfolge durch Stromüberschlag: Arbeitsunfälle mit Hubarbeitsbühnen werden auch durch Stromüberschlag verursacht. Bei der Montage eines großen Firmentransparents an einer senkrechten Wand in großer Höhe verwendete ein Monteur eine Teleskopbühne mit 42 m Arbeitshöhe. In den Korb stellte er eine lange Wasserwaage, positionierte die Bühne in der Nähe einer Hochspannungsleitung und fuhr im Korb nach oben. Vermutlich achtete er auf das am Korb befestigte Firmentransparent und nicht auf die Freileitung. Daher geriet er zu nahe an die Hochspannungsleitung und es kam zum Stromüberschlag mit Todesfolge.

Hallentor rammte Scherenbühne: Vor einigen Wochen kam es zu einem schweren Arbeitsunfall mit einer Scherenbühne. Der Mitarbeiter hatte die Aufgabe, die Fenster in einer Halle mit großer Höhe zu putzen. Er befand sich mit der Bühne im Bereich eines vertikalen Hallentors. Die Führungsschienen des Tors sind in ca. 5 m Höhe parallel zur Decke montiert. Der Korb der Scherenbühne befand sich zwischen den beiden Schienen, als plötzlich das Hallentor nach oben geöffnet wurde. Das Torblatt warf die Scherenbühne um und der Mitarbeiter landete mit schweren Verletzungen am Betonboden. Das gleiche Gefahrenpotenzial stellen auch Hallen- oder Portalkräne dar.

der Arbeitsbereich von Hubarbeitsbühnen in der Grafik veranschauchlicht
Arbeitsbereich von Hubarbeitsbühnen © AUVA

Gefahrensituationen durch falsch ausgewählte Hubarbeits­bühnen

Jede Hubarbeitsbühne hat aufgrund ihrer Bauweise einen definierten Arbeitsbereich. Dieser ist durch die Höhe und die seitliche Reichweite definiert. 

Um einen Arbeitsplatz in der Höhe gut und sicher erreichen zu können, ist die passende Arbeitshöhe einer Hubarbeitsbühne entscheidend. Die sogenannte Arbeitshöhe setzt sich aus der Korbhöhe zuzüglich zwei Metern Greifraum der Bediener:innen zusammen. Die Arbeitshöhe wird vom Fahrwerk senkrecht nach oben zum Arbeitskorb gemessen. Wird der Ausleger einer Auslegerbühne jedoch seitlich ausgelenkt, so sinkt die maximale Arbeitshöhe stark ab. Bei dem in der Abbildung angeführten Beispiel sinkt die Arbeitshöhe durch die seitliche Auslenkung von 7 m von maximal 16 m auf 12 m ab.

Erreichen Bediener:innen im Arbeitskorb ihren Arbeitsplatz wegen dieser Höhenverringerung nicht, so greifen sie häufig zu „Hilfsmitteln“ wie Leitern, Kisten etc. oder steigen auf das Geländer, um ihren Standplatz zu erhöhen. Das ist sehr gefährlich und herstellerseitig verboten. Höhen sind schwer abschätzbar. Die AUVA empfiehlt daher, Bühnen mit einer um 15 bis 20 % größeren Arbeitshöhe zu verwenden, um so die Arbeitsplätze sicher erreichen zu können.

Es gibt für alle Bodenverhältnisse geeignete Antriebe, sodass auch Fliesen in Einkaufszentren oder Betonplatten mit der Hubarbeitsbühne befahren werden können, ohne diese zu beschädigen. Diese Raupenantriebe sind auch für Wiesen geeignet. Dadurch wird das Einsinken und Umstürzen verhindert. Scherenbühnen, Gelenk- und auch Gelenkteleskopbühnen werden mit diesem Antrieb angeboten.

Zusammenfassung

Fahrbare Hubarbeitsbühnen sind, statistisch gesehen, 50-mal sicherer als Leitern. Bei richtiger Anwendung lassen sich auch die verbleibenden Risiken minimieren. Bei der Evaluierung vor Inbetriebnahme sind die Umsetzung des STOPP-Prinzips und das persönliche sichere Verhalten entscheidend.


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