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Forstwirtschaft

Herausforderungen für einen gefährlichen Arbeitsplatz

Im Ranking der „10 Most Dangerous Jobs In America For 2024“ von Forbes1 steht die Holzerntearbeit (Logging) an erster Stelle. Die Reihung basiert auf der US-Statistik tödlicher Arbeitsunfälle – aber auch hierzulande nimmt die Unfallgefahr in der Forstarbeit zu.

ein Wald mit gefällten Baumen
Windwurfschäden im ÖBf-Forst­revier Millstatt in Kärnten © ÖBf-Archiv / M. Wielscher

Analysen zu Unfallaufkommen, -hergängen und -ursachen sind komplex und Vergleiche sind oft schwierig oder fehlerbehaftet, aber ein Grundtenor bleibt: Forstarbeit ist fordernd und birgt ein sehr hohes Risiko gerade für schwere oder gar tödliche Arbeitsunfälle – und diese Tätigkeit wird leider zunehmend noch schwieriger.

Fachkenntnisse und Qualifikationen senken Unfälle

In Österreichs Wäldern arbeiten unter diesen schwierigen Rahmenbedingungen und bei oft gesteigerten wirtschaftlichen Anreizen (z. B. starke Nachfrage nach Brenn- und Sägerundholz) drei Personengruppen mit teils großen Unterschieden hinsichtlich körperlicher Konstitution, Ausbildung, Erfahrung, Ausrüstung, Arbeits- und Notfallplanung etc.: Angehörige und Beschäftigte land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, Unternehmer:innen und Beschäftigte gewerblicher Forstunternehmen sowie Privatpersonen. Ein Ansteigen schwerer und tödlicher Arbeitsunfälle ist leider zu beobachten: 36 Menschen starben 2023 bei Waldarbeiten laut KFV-Unfallmonitoring anhand von Medienberichten2

Von den drei oben genannten Personengruppen unterliegen rechtlich betrachtet nur Personen, die in Betrieben der Land- und Forstwirtschaft beschäftigt sind, der land- und forstwirtschaftlichen Arbeitsmittelverordnung (LF-AM VO)3, aber im Sinne der Arbeitssicherheit sollten alle in der Holzernte tätigen Personen die im § 75 der LF-AM VO angeführten gesetzlichen Mindeststandards befolgen. Die erforderlichen Fachkenntnisse und Qualifikationen kann man am besten in Kursen an einschlägigen forstlichen Ausbildungsstätten und Bildungseinrichtungen der Land- und Forstwirtschaft erwerben. Dort wird z. B. in Vorbereitung auf Schadholzaufarbeitung an Spannungssimulatoren das Schneiden von vorgespannten Stämmen erlernt und geübt. Einschlägige Unterlagen wie z. B. die AUVA-Forstbroschüren vermitteln die Grundlagen der sicheren Waldarbeit. 

Klimawandel schlägt sich in der Forstarbeit nieder

Mit steigender Regelmäßigkeit werden längere Hitzeperioden, Wetterkapriolen und immer neue historische Höchstwerte registriert. Bilder und Berichte von durch Kalamitäten geschädigten Wäldern alarmieren, denn bewaldete Flächen dienen als Schutzinfrastruktur vor Naturereignissen (Lawinen, Steinschlag und Muren), Rohstoffquelle, Erholungsgebiet und CO2-Speicher zum Klimaschutz. Für Arbeitskräfte in der Forstwirtschaft werden durch die Auswirkungen des Klimawandels Arbeitsbedingungen und -umgebung sowie die Aufgabenstellungen noch fordernder.

Eine Person mit Schutzkleidung und Helm steht mit einer Motorsäge an einem Baum und sägt, es ist Winter
Baumfällung unter herausfordernden Bedingungen © G. Oberdorfer, AUVA

Die Waldbilanz 2023 des größten heimischen Forstbetriebs, der Österreichischen Bundesforste, lässt die erschwerte Holzerntearbeit erahnen: 55 % der gesamten Holzerntemengen entfielen auf Schadholz. Im Vergleich lag der Schadholzanteil 2022 bei ca. 50 % und im langjährigen Schnitt der 1980er- und 1990er-Jahre bei knapp 30 %. Mehr als 1 Million Festmeter Schadholz, rund 730.000 Festmeter davon mit Borkenkäferbefall, mussten in teils schwer zugänglichen Lagen und unter erhöhtem Zeitdruck in regionalen Hotspots wie dem Kärntner Mölltal oder der Obersteiermark aufgearbeitet werden. 

Da die Auswirkungen des Klimawandels weltweit spürbar sind, beschäftigt sich auch die UNO mit der Frage der Arbeitssicherheit und Gesundheit bei der Forstarbeit der Zukunft4. Die Forstwirtschaft muss Strategien im Umgang mit Klimawandel (Waldbrände, Schadholzanfall, klimaresilienter Umbau der Wälder etc.), demografischen Veränderungen (alternde Bevölkerung, höhere Diversität, Arbeitsmigration, prekäre Arbeit etc.) und technologischen Fortschritten (Mechanisierung, Robotik, IT etc.) entwickeln. Besonderen Risiken für Sicherheit und Gesundheit sind lt. UNO-Studie saisonal, teilzeit-, prekär oder informell beschäftigte Arbeitskräfte ausgesetzt. Neue Technologien wie VR, GPS, Drohnen etc. ermöglichen es andererseits, z. B. Ausbildungs-, Arbeits- und Rettungsprozesse effizienter und sicherer zu gestalten. Auch die österreichische Forstwirtschaft muss sich hier an der Entwicklung nachhaltiger Lösungen im Sinne der Arbeitssicherheit beteiligen.

Quellen:

[1] 10 Most Dangerous Jobs In America For 2024 – Forbes Advisor. forbes.com/advisor/legal/workers-comp/most-dangerous-jobs-america/

[2] Sechsjahreshoch bei tödlichen Forstunfällen: KFV fordert bessere Schutzmaßnahmen – KFV – Kuratorium für Verkehrssicherheit. kfv.at/sechsjahreshoch-toedliche-forstunfaelle/

[3] Land- und forstwirtschaftliche Arbeitsmittelverordnung § 75 – Bundes­recht konsolidiert, tagesaktuelle Fassung (bka.gv.at). ris.bka.gv.at

[4] FAO, ILO & United Nations. 2023. Occupational safety and health in the future of forestry work. Forestry Working Paper, No. 37. Rome. doi.org/10.4060/cc6723en

Zusammenfassung

Die Waldarbeit, v. a. die Holzernte, birgt ein hohes und durch Schad- und Totholz gesteigertes Unfallrisiko. Jeder Faktor zur Vermeidung kann entscheidend sein: Qualifikation, körperliche Konstitution, Arbeitsorganisation und -vorbereitung (Baumbeurteilung, Gefahrenbereich, Rückweiche), PSA und rasche Hilfeleistung.


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