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Forschung im Dienste der Gesundheit

Symbolbild Bioaerosole
Fotolia/ psdesign1

Bioaerosolkammer – Was soll denn das sein?“ „Hat das wirklich mit Arbeitnehmerschutz zu tun?“ „Ist das eine neue Interessenvertretung für Bioaerosole?“ „Bioaerosol – ganz schön viele Vokale!“ Mit solchen oder ähnlichen Fragen und Kommentaren wurden die Verfasserin und der Verfasser dieses Beitrags zum Glück nur spaßhalber konfrontiert, ansonsten schlug ihnen skeptisches bis wohlwollendes Interesse entgegen. Schließlich gaben die Entscheidungsgremien der AUVA und des Instituts für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) grünes Licht für die Durchführung eines Bioaerosol Chamber Expert Meetings.

Ausgangspunkt war ein gemeinsames Projekt von AUVA und IFA. In Tulln wurde eine Testkammer mit der Möglichkeit entwickelt, Atmosphären mit definiertem Gehalt an Bioaerosolen herzustellen. Schon in der ersten Projektphase kam die Idee auf, möglichst viele Wissenschaftler und Praktiker, die sich mit solchen Fragen beschäftigen, zusammenzubringen, Erfahrungen auszutauschen und zu diskutieren. Insgesamt 35 Experten aus fünf EU-Staaten, den USA und Kanada folgten der Einladung. Barbara Libowitzky, die stellvertretende Leiterin der Präventionsabteilung der AUVA, eröffnete die Veranstaltung. Annette Kolk, IFA, und Manfred Hinker, AUVA, waren für die inhaltliche Gestaltung und Planung verantwortlich und moderierten abwechselnd an den zwei Tagen.

Vorträge zu unterschiedlichen Fachthemen

Im ersten Vortrag brachte Nathalie Turgeon von der Université Laval in Kanada einen ausführlichen Überblick über Sinn und Zweck von Bioaerosolkammern und deren wichtigste Einsatzgebiete. Dazu zählen Tests von Bioaerosol-Sammelgeräten, Filterprüfungen, Studien zur Verbreitung von Krankheitserregern und allgemein zu Eigenschaften von Bioaerosolen. Oft sind die Kammern individuell auf die Zwecke der Anwenderinnen und Anwender zugeschnitten, Studien verschiedener Arbeitsgruppen deshalb schwer vergleichbar. Die Université Laval  arbeitet derzeit mit sieben verschiedenen Bioaerosolkammern mit einem der Schwerpunkte auf dem Vergleich von Bioaerosol-Sammelgeräten. Nathalie Turgeon verwies auch auf die Notwendigkeit der Vernetzung unterschiedlicher Disziplinen. Physiker, Maschinenbauer und Lüftungstechniker müssen sich mit Mikrobiologen, Chemikern und Toxikologen abstimmen und so ein multidisziplinäres Team bilden, um erfolgreich zu sein.

Xavier Simon und Philippe Duquenne vom französischen INRS (Institut National de Recherche et de Sécurité) konzentrierten sich auf die Möglichkeiten von Bioaerosolgeneratoren für die Entwicklung von Sammel- und Analysemethoden und die Messung von Arbeitsplatz-Expositionen. Sie stellten einen sogenannten „Liquid Sparging Aerosolizer“, kurz „LSA“, vor. Dabei bringt eine peristaltische Pumpe die Kulturflüssigkeit an die Oberfläche einer porösen Edelstahlscheibe mit 30 mm Durchmesser und 1 µm Porengröße. Eine patentierte Dispersionszelle erzeugt einen konstanten reproduzierbaren Flüssigkeitsfilm von 8 mm Höhe. Die Mikroorganismen werden durch perlende komprimierte Luft mit unterschiedlichen Flussraten zwischen 0,1 und 10 Liter/min mitgerissen und aerosolisiert. Zusätzliche Luftzufuhr unterstützt den Transport der Aerosol-Partikel und kann auch zur Feuchteregulierung verwendet werden. Eine konkrete Umsetzung liegt mit der Entwicklung einer Methode zur Quantifizierung der Exposition gegenüber Actinobakterien vor. Dabei wird DNA von luftgetragenen Bakterien extrahiert und mittels spezifischer qPCR analysiert. Zahlreiche weitere Studien und Experimente erfolgten zum Thema Endotoxine mit dem Ergebnis, dass der BC-112-Zyklon für die Endotoxin-Expositionserhebung mit gewissen Adaptionen gut geeignet ist. Interessante Erkenntnisse ergaben Untersuchungen der Schädigung der Bakterienzellen im Verlauf des Aerosolisierens und Sammelns. Zukünftige Anwendungen des „LSA“ bei INRS werden folgende Projekte beinhalten: Vergleich von vier Bioaerosolsammlern, Evaluierung der Bioaerosol-Diversität, Messungen von Glukanen, weitere Endotoxin-Studien und die Echtzeit-Messung von luftgetragenen Mikroorganismen.

Erfahrungen aus verschiedenen Ländern

Marcus Clauss vom Thünen-Institut für Agrartechnologie in Braunschweig, Deutschland, stellte eine unkonventionelle Bioaerosolkammer für Studien über die Tenazität von luftgetragenen Mikroorganismen vor. Die Widerstandsfähigkeit von Bakterien ist im luftgetragenen Zustand meistens herabgesetzt und hängt von vielen Faktoren ab. Dazu zählen Lufttemperatur und -feuchte, UV-Strahlung, Konzentration von Ozon, freien Radikalen und anderen Reaktionsprodukten (der sogenannte OAF = Open Air Factor). Ausgehend vom Problem der Emissions- und Immissionsmessungen von Mikroorganismen in der Abluft von Tierställen startete das Thünen-Institut Untersuchungen zur Tenazität mittels einer neuartigen Bioaerosolkammer.

Die bisher vorliegenden Studien hatten sich auf Bedingungen in geschlossenen Behältern ohne Berücksichtigung des Einflusses von UV-Strahlung und OAF beschränkt. Die neue Bioaerosolkammer besteht aus einer UV-transparenten Folie, die langsam auf ein Volumen von 40 m3 aufgeblasen wird. Lufttemperatur und -feuchte sind ähnlich der Umgebungsluft, UV- und Ozongehalt nur leicht reduziert. Damit sind gute Möglichkeiten für Forschungen über die Tenazität von luftgetragenen Mikroorganismen in der Zukunft gegeben.

Andre Aarnink von Wageningen Livestock Research, Niederlande, berichtete von Überlebensstudien von Bakterien mittels Bioaerosolkammern. Edelstahlbehälter mit einem Volumen von 1,64 m3, einer Plexiglasfront mit vier Handschuhöffnungen, HEPA-gefilterter Zu- und Abluft sowie einem Ventilator zum Vermischen der Luft stehen in einem Raum mit Temperatur- und Luftfeuchtekontrolle. Die Klimadaten werden in der Kammer mit Sensoren kontinuierlich aufgezeichnet. Ein Sprühkopf bringt die Bakteriensuspensionen mit Uranin als Tracer über den Kammerboden ein. Der mittlere Durchmesser der Partikel beträgt 10 µm. Druckluftpistolen sorgen für die Vernebelung von trockenen Bakteriensuspensionen. Ein GRIMM-Spektrometer stellt die tatsächlichen Größenverteilungen im System fest. Mittels Glas-Impinger (AGI-30) mit Peptonwasser wurden die Mikroorganismen in bestimmten Zeitabständen gesammelt und analysiert.

Untersucht wurden die Überlebensraten von drei verschiedenen Bakterienarten mit Variation von Temperatur und relativer Luftfeuchte. Der Tracer Uranin dient als Möglichkeit, einen Korrekturfaktor für die Deposition der Partikel an den Kammerwänden zu verwenden. Er beeinträchtigt die Kultivierbarkeit der Bakterien nicht und ist bereits in sehr geringen Konzentrationen nachweisbar. Die Ergebnisse zeigen zwei Phasen: In der ersten Phase unmittelbar nach dem Versprühen ist eine sehr rasche Abnahme der Überlebensrate zu erkennen, danach folgt eine zweite Phase mit deutlich langsamerem Verlauf. Insgesamt erweist sich das System der Bioaerosolkammer mit Uranin als Tracer für die Deposition der Partikel als brauchbar für das Studium der Effekte von Umwelteinflüssen auf die Überlebensraten von luftgetragenen Mikroorganismen.

Grundlagen für die Prävention

Brian Crook und Alan Beswick vom Health and Safety Laboratory (HSL) in Buxton, Großbritannien, greifen auf zehn Jahre Erfahrung mit einer 34 m2 großen Bioaerosolkammer mit Luftmanagement  und kontrollierten Bedingungen zurück. In der Kammer können verschiedene Umgebungen wie Büro, Labor, Spitals- oder Wohnräume simuliert werden. HSL hat zahlreiche Projekte mit Bakterien, Pilzen und Viren mit der Kammer durchgeführt:

  • Mikroorganismen auf Oberflächen wurden verschiedenen Desinfektionsverfahren ausgesetzt und die Abtötungskurven untersucht. Die Variabilität der Mikroorganismen spiegelte sich in den sehr unterschiedlichen Ergebnissen je nach verwendeter Art bzw. Gattung wider.
  • Interessant verliefen auch Versuche mit Geräten zur Luftreinigung. Diese hatten durchwegs HEPA-Filter, öfters kombiniert mit anderen Mechanismen, im Einsatz. Die Kammer-Versuche ergaben beträchtliche Reduzierungen der Belastungen durch Bioaerosole.
  • Mittels Fluoreszenz und Zellkultur visualisierten die Forscher Ausbreitungsmechanismen von Noroviren in der Luft, um die Prävention im Gesundheitsbereich voranzutreiben. Verbreitungsprofile dieser Erreger lieferten wertvolle Unterstützung für Hygienemaßnahmen.
  • Ein Vergleich verschiedener Bioaerosol-Sammelsysteme (Impingement, Impaktion und Filtration) ermöglichte Hinweise und Anleitungen für Messungen in der Abfallwirtschaft.

Für die Zukunft planen die Betreiber fortgesetzte Studien zu Expositionen am Arbeitsplatz, zu Bio-Sicherheit mit Fokus auf Klasse-3-Sicherheitswerkbänke und zu neuen Methoden der Erzeugung von Bioaerosolen und der molekularbiologischen Analytik. Zusätzlich zeigen die Hersteller von Bioaerosol-Sammelsystemen kontinuierliches Interesse, ihre Geräte in der Kammer testen zu lassen.

Michael Seidel von der Technischen Universität München, Deutschland, berichtete von einer speziellen Bioaerosolkammer für Legionellen-Studien. Sie stellt ein miniaturisiertes Duschemodell dar, um Korrelationen zwischen dem Gehalt an Legionellen im Leitungswasser und jenem im Aerosol nachzuvollziehen bzw. herauszufinden. Das Volumen der Kammer beträgt 270 Liter. Ein Duschkopf und eine Modellpuppe simulieren einen Duschvorgang, ein Coriolis-Zyklon sammelt die Bioaerosole. DNA- und Antikörper-Microarray-Methoden sorgen für rasche kulturunabhängige Analysen, die auch mit klassischen Standardmethoden verglichen wurden. Legionellen stellen in künstlichen komplexeren Wassersystemen oftmals ein Problem dar, sie können schwere Infektionen nach Einatmen der Aerosole verursachen. Häufungen von Erkrankungen im Einzugsbereich von Kühltürmen oder Whirlpools finden manchmal Eingang in die Medien. Vor allem in Gesundheits- und Tourismuseinrichtungen sind kontaminierte Duschen eine Gefahrenquelle. Die Erforschung der genauen Übertragungswege und der Einflussfaktoren für das Risiko einer Infektion birgt daher großes Potenzial für eine Verbesserung der Legionellen-Prävention.

Die Forschungsschwerpunkte in Österreich

Markus Gorfer vom AIT Austrian Institute of Technology in Tulln, Österreich, legte seinen Schwerpunkt auf die molekularbiologischen Methoden für die Detektion von Bioaerosolen im Innenraum. Im Bereich der Innenraum-Analytik dominieren bisher die traditionellen mikrobiologischen Methoden für die Messung der Sporenbelastungen bei Verdacht auf Schimmelprobleme. Demgegenüber setzen sich in den meisten wissenschaftlichen Arbeiten über Bioaerosole generell seit geraumer Zeit molekularbiologische Methoden durch. Sie beruhen hauptsächlich auf PCR-basierter Gewinnung phylogenetischer Marker aus DNA, die aus Umweltproben wie etwa Luft gesammelt werden.

qPCR erlaubt die Quantifizierung bestimmter Arten oder phylogenetischer Gruppen und wird bereits für die Charakterisierung von Schimmelsituationen in Innenräumen eingesetzt. Die Methode erfasst auch nicht kultivierbare Organismen, ist jedoch öfters durch mangelnde Auflösung zu stark eingeschränkt, um eine Belastungssituation beurteilen zu können. Im Unterschied zur Außenluft sind Innenräume oft durch reduzierte Diversität und kleine zeitliche Varietät gekennzeichnet.

Neuere Entwicklungen in automatisierten Geräten mit hohem Durchfluss lassen eine zunehmende Bedeutung der molekulargenetischen Methoden erwarten. Durch die signifikante Steigerung von Probenanzahl und Analysequalität ergeben sich stark erweiterte Aussagen über Biodiversität von Mikrobengemeinschaften und entsprechende Vergleiche zwischen Innen- und Außenluft. Josef Strauss von der Universität für Bodenkultur in Tulln, Österreich, lud zu einer Besichtigung der Bioaerosolkammer ein und erläuterte die wichtigsten Ergebnisse des kürzlich abgeschlossenen Projektes.

Die Fa. Palas entwickelte und baute eine Kammer mit konstantem laminaren Luftstrom, der eine möglichst schonende und gleichmäßige Verteilung der biologischen Partikel an allen Punkten des Messraums auch während des Betriebs mehrerer Sammelgeräte gewährleistet. Eine physikalische Validierung mit Testaerosolen bestätigte die erfolgreiche Umsetzung mit sehr geringen Streuungen der Einzelergebnisse. Die anschließenden biologischen Validierungsarbeiten beinhalteten die Herstellung und Vernebelung von standardisierten Bioaerosolen mit definierten Konzentrationen und Keimraten unter Verwendung von acht Pilz- und zwei Bakterienarten sowie zusätzlich einer Virusart. Die Auswertung erfolgte sowohl auf Basis klassischer mikrobiologischer Parameter (Lebendkeimzählung KBE) als auch durch mikroskopische und molekularbiologische Methoden, die auch nicht keimfähige Mikroben und Viren erfassen können. Nicht zuletzt wurden biochemische Methoden zur Erfassung pyrogener Komponenten getestet. Durch die Erfassung mehrerer Kontrollpunkte von der Mikroorganismen-Suspension über den Vernebler und das Kammerinnere bis zum Bioaerosolsammler konnten die jeweiligen Verluste an lebensfähigen Partikeln bzw. der Gesamtpartikelzahl erfasst werden.

Im Dienste der Gesundheit

Jana Kesavan vom U.S. Army Edgewood Chemical Biological Center, Maryland, USA, bot mit der Vorstellung einer Studie über die Bewertung von 29 Sammelgeräten ein weiteres Highlight der Veranstaltung. Die Übertragung von Krankheiten durch Einatmen infektiöser Aerosole ist sowohl im klinischen Bereich als auch an speziellen Arbeitsplätzen und im militärischen Umfeld ein wichtiges Thema. Entsprechendes Gewicht legt auch die US-Army auf die Auswahl und Bewertung von Bioaerosol-Sammelsystemen. Als Parameter für eine Evaluierung der Geräte verwenden die Studienautoren Luftdurchflussmengen, Größe, Gewicht, Energieverbrauch und die Effizienz, Partikel im Bereich der einatembaren Fraktion zu sammeln.

Die Effizienztests fanden in Bioaerosolkammern mit verschiedenen Aerosol-Generatoren und Analyseverfahren je nach Art der eingesetzten inerten oder biologischen Partikel statt. Um die Vielfalt an Sammlern umfangreich testen zu können, stehen Bioaerosolkammern zwischen 64 und 140 m3 Volumen sowie riesige Windkanäle und -tunnel mit ausgefeilter Ausstattung zur Verfügung.

Die Resultate zeigen die große Variabilität von Durchflussraten und Sammeleffizienz. Und sie zeigen, dass die Angabe der physikalischen Eigenschaften alleine nicht ausreichen für die optimale Auswahl eines Sammelgerätes. Damit ist der Nachweis erbracht, dass die schlecht recherchierte Auswahl eines ungeeigneten Samplers zu falschen oder irreführenden Ergebnissen an kontaminierten Messstellen führen kann. Ein wichtiges Ergebnis der Studie ist daher eine tabellarische Übersicht über die relevanten Eigenschaften von 29 Bioaerosol-Sammelgeräten, um für eine bestimmte Anwendung das optimale System wählen zu können.

Jana Kesavan erklärte sich bereit, eine Liste von Bioaerosolsammlern anzulegen. Diese Liste soll durch Angaben der anderen Teilnehmer des Meetings erweitert werden, um tatsächlich eine annähernd komplette Auflistung von derzeit erhältlichen Geräten zur Verfügung zu haben.

Herbert Galler von der Medizinischen Universität Graz, Österreich, stellte eine Bioaerosolkammer vor, die in Graz für eigene Studien verwendet wird. Es ist eine 650-Liter-Edelstahlkammer mit einem Flüssig-Aerosolgenerator AGK 2000. Dieser erzeugt Aerosole aus standardisierten Escheria-coli-Suspensionen. Die Detektion erfolgt mittels eines AGI-30 Impingers und eines MAS 100-Impaktors. Als Nährböden wurden Endo-Agar und Casein-Soja-Pepton-Agar eingesetzt und 24 Stunden bei 37° C inkubiert. Die Ergebnisse zeigen unter den standardisierten Bedingungen der Kammer vergleichbare Konzentrationen, angegeben in KBE/m3 Luft. Weitere Experimente sind in Arbeit bzw. geplant.

Clara Pogner von der Universität für Bodenkultur in Tulln, Österreich, berichtete von umfangreichen Studien mit der Bioaerosolkammer in Tulln, die am Vortag besichtigt worden war. Sieben Bioaerosolsammler mit vier unterschiedlichen Sammelprinzipien wurden auf ihre Fähigkeit getestet, Pilzsporen, grampositive und gramnegative Bakterien, Hefen und Bakteriophagen zu detektieren. Vier Kontrollpunkte sorgten für ein Mengen/Zeit-Profil vom Einbringen bis zum Sammeln der Bioaerosole, und zwar 1) Suspension vor Aerosolisierung, 2) nach Aerosolisierung, 3) während des konstanten Lufttransports in der Kammer und 4) im Sammelgerät. KBE (Koloniebildende Einheiten) bzw. PBE (Plaque-bildende Einheiten für Viren) bildeten die Basis für die Quantifizierung. Um die einzelnen Sammler besser vergleichen zu können, wurde ein Sampler als Referenz festgelegt.

Aus diesen Arbeiten wurde eine tabellarische Zusammenstellung mit Empfehlungen zum optimalen Einsatz verschiedener Sammelsysteme für unterschiedliche Messaufgaben erstellt.

Intensive Arbeit in drei Arbeitskreisen

In drei Arbeitskreisen wurden im Rahmen des Expertentreffens ausgewählte Themen aufgegriffen:

Leander Mölter, Palas GmbH, Karlsruhe, Deutschland, und Clara Pogner vom Austrian Institute of Technology in Tulln, Österreich, beschäftigten sich in ihrem Arbeitskreis mit den obligatorischen Qualitätsanforderungen an die Gestaltung von Bioaerosol-Prüfkammern. Die Diskussion ergab, dass letztendlich die Messanforderungen, denen die Prüfkammer gerecht werden soll, die beim Bau zu erfüllenden Kriterien und damit die Gestaltung einer solchen Kammer bestimmen. Sie können von laminarer Strömung als Grundanforderung bis zur Gestaltung der Prüfkammer als statische, dynamische Kammer oder tunnelförmiger Prüfkanal reichen, womit z. B. ein ganz unterschiedlicher Platz- und Materialbedarf verknüpft wäre. Auch das Gefährdungspotenzial der Bioaerosole, mit denen in der Kammer gearbeitet werden soll, ist bereits im Voraus zu beachten. Für das Arbeiten mit Prüfaerosolen, die aus Biostoffen der Risikogruppe 2 hergestellt werden sollen, müsste die Prüfkammer beispielsweise in einem für Tätigkeiten mit Infektionserregern ausgestatteten und zugelassenen Laborbereich stehen.

Neben dieser durch die Fragestellung bedingten Vielfalt spezieller Anforderungskriterien konnten auch allgemein gültige Kriterien identifiziert werden, wie z. B. die Notwendigkeit, die aus der Prüfkammer austretende Luft filtern zu müssen, um eine Kontamination der Umgebungsluft mit Prüfaerosolbestandteilen zu verhindern. Auch sollte die Prüfkammer in jedem Fall aus gut zu reinigendem und gegebenenfalls zu desinfizierendem Material bestehen (z. B. Edelstahl). Weiters sollte sie so aufgestellt werden, dass der umgebende Raum einen uneingeschränkten Zugang von allen Seiten ermöglicht. Die Überwachung der Lufttemperatur und -feuchtigkeit sowie gegebenenfalls einer Strahlungsintensität wurde ebenfalls als allgemein wünschenswertes Kriterium genannt.

Für vergleichende Untersuchungen von Bioaerosolsammlern müssten bei allen Geräten gleich gute Probenahmebedingungen herrschen. Unter isokinetischen Probenahmebedingungen sollte gewährleistet werden, dass sich mit jedem zu prüfenden Gerät die in der Prüfatmosphäre vorhandene Bioaerosolkonzentration erfassen lässt. Auch die Frage, welche Bioaerosole in einer solchen Prüfkammer hergestellt werden sollten, bestimmt ihre Gestaltung letztendlich mit: Die Kombination einer Edelstahlkammer mit verschiedenen Aerosol-Generatoren zur Herstellung von Prüfaerosolen, die aus einer einzigen Bakterien- oder Schimmelpilzart bestehen, könnte ebenso eine Fragestellung sein wie die Notwendigkeit, ein in seiner Artenzusammensetzung und Partikelgrößenverteilung der natürlichen Außenluft entsprechendes Bioaerosol in einer Kammer haben zu wollen, um dessen Veränderung unter bestimmten Bedingungen, wie z. B dem Einfluss von UV-Strahlung, Hitze oder Feuchtigkeit, nachvollziehen zu können

Ein zweiter Arbeitskreis unter Leitung von Markus Gorfer, Austrian Institute of Technology in Tulln, Österreich, erörterte die Frage, welche Analyseverfahren für die Charakterisierung von Bioaerosolen verwendet werden sollten. Diese Frage wurde jedoch nicht ausschließlich mit Blick auf den Nachweis in Bioaerosol-Prüfkammerversuchen, sondern vielmehr ganz allgemein vor dem Hintergrund einer Gefährdungsbeurteilung durch Bioaerosole diskutiert.

Für den Nachweis von Schimmelpilzen wurden die klassischen Verfahren mit Anzucht der Organismen unter Laborbedingungen (= Kultivierung) und Identifizierung über mikroskopische Präparate der Sporenträger als sehr gut geeignet und auch ausreichend schnell angesehen. Auch für den Nachweis spezieller Bakterien wie z. B. multiresistenter Staphylokokken (MRSA) galten die klassischen mikrobiologischen Nachweisverfahren als sehr gut geeignet.

Eine Kombination aus klassischer Kultivierung und molekularbiologischer Identifizierung kann insbesondere dann sinnvoll sein, wenn es darum geht, Isolate von bestimmten Infektionserregern wie z. B. der Bakteriengattung Legionella aus Umweltproben und Patientenmaterial miteinander abzugleichen und dadurch den Nachweis zu führen, dass eine Infektion durch Kontakt mit erregerhaltigen Umweltmedien erworben wurde.

Für den Nachweis von Viren, die zu einem großen Teil aus Nukleinsäuren bestehen, erscheinen molekularbiologische Nachweisverfahren besonders gut geeignet.

Im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung kann es erforderlich sein, sowohl die Zusammensetzung der Mikroorganismengesellschaften zu untersuchen als auch Summengrößen zu bestimmen, um die Frage nach dem grundsätzlichen Vorhandensein von Biostoffen zu beantworten oder Bioaerosolquellen zu identifizieren. Messbare Summengrößen können beispielsweise die Gesamtkoloniezahl nach Kultivierung oder auch die mikroskopisch bestimmbare Gesamtzellzahl mittels sogenannter DAPI-Färbung sein. Partikelzahlen und die Bestimmung von Staub ermöglichen keine Aussage zum Vorkommen von Biostoffen. Aus dem Nachweis von Proteinen oder DNA könnte jedoch auf das Vorhandensein von biologischem Material in entsprechenden Proben geschlossen werden. Auch der direkte Nachweis sogenannter Leitkeime oder bestimmter Allergene erscheint für die Gefährdungsbeurteilung mit Blick auf Biostoffe sinnvoll. Wechselwirkungen mit dem Probenmaterial oder mit Bioaerosolkonzentrationen unter der Nachweisgrenze bestimmter Analyseverfahren stellen Grenzen für die Anwendbarkeit dieser Verfahren dar. Aus diesem Grund müssen Probenahme- und Analyseverfahren für Bioaerosole gut aufeinander abgestimmt sein.

Der von Annette Kolk, IFA der DGUV, Deutschland, geleitete dritte Arbeitskreis widmete sich einer der zentralen Fragen aus dem von AUVA und DGUV gemeinschaftlich geförderten Projekt: Welches Bioaerosol-Sammelgerät sollte für welche Fragestellung verwendet werden?

Bei der Konzeption des Projektes war in erster Linie daran gedacht worden, Empfehlungen aussprechen zu können, mit welchen Bioaerosol-Messverfahren sich Messgrößen wie z. B. Schimmelpilze oder Bakterien am Arbeitsplatz optimal erfassen lassen. Die Diskussion im Arbeitskreis zeigte hingegen sehr schnell, dass es nicht ausreicht, sich für ein Probenahmeverfahren zu entscheiden, sondern dass vielmehr eine große Zahl von Kriterien berücksichtigt werden muss, die für die Auswahl des Messverfahrens und damit die Aussagekraft der Messergebnisse von Bedeutung sein können: Die Festlegung der Messstrategie stellt somit das zentrale Element einer Bioaerosolmessung dar, auch am Arbeitsplatz. Um diese optimal zu gestalten, gilt es nachfolgend angeführte Punkte im Vorfeld einer solchen Messung zu klären:

  • Soll geprüft werden, ob grundsätzlich Biostoffe vorhanden sind (Übersichtsmessung), oder sollen gezielt bestimmte Infektionserreger, Allergene oder Toxine nachgewiesen werden (Konzentrationsmessung)?
  • Welche Organismen, Agenzien (z. B. Endotoxine, Mykotoxine, Allergene), Partikelgrößen oder auch Spektren dieser Messgrößen sollen erfasst werden?
  • Soll in Räumen oder im Freien gemessen werden?
  • Soll personengetragen, stationär, flächenbezogen, Emission oder Immission gemessen werden?
  • Wie lange ist die Probenahmedauer und wie groß der Volumenstrom?
  • Sollen Expositionsspitzen oder eine Durchschnittsbelastung erfasst werden?
  • Wie sind die Probenahmebedingungen (z. B. Temperatur, Feuchtigkeit, ist eine Stromversorgung erforderlich bzw. vorhanden)?
  • Kann durch die Probenahmegeräte erzeugter Lärm das Ergebnis beeinflussen?
  • In welcher Größenordnung liegt die zu erfassende Bioaerosolkonzentration?
  • Welche Analyseverfahren sollen für den Nachweis der Bioaerosole verwendet werden?
  • Ist das Probenahmegerät selektiv für bestimmte Partikelgrößen oder Organismen, womit es zu einer Aufkonzentrierung dieser Bioaerosolbestandteile kommt?
  • Sollen Einzelzellen oder Aggregate erfasst werden?
  • Welche Art von Proben werden gewonnen (Filter, Flüssigkeiten, Nährböden), wie müssen diese transportiert,unter welchen Bedingungen können sie gegebenenfalls gelagert werden?
  • Welche Kosten entstehen?
  • Wie/wann/wie oft müssen Probenahmegeräte dekontaminiert werden?
  • Gibt es vorgeschriebene Messverfahren für bestimmte Anwendungen (z. B. Qualitätskontrolle, Arbeitsplatzmessungen, Emissionsmessungen in der Landwirtschaft)?

Alle bekannten Verfahren zur Bioaerosolmessung erfordern einen hohen Aufwand an Probenahme-Utensilien und Personal sowie eine nachfolgende Probenanalyse in einem mikrobiologischen Labor. Für eine rasche Gefährdungsbeurteilung vor Ort besteht deshalb Forschungsbedarf für direktanzeigende Bioaerosol-Messverfahren.

Zusammenfassung

Bei einem Bioaerosol-Prüfkammer-Expertentreffen trafen sich Fachleute aus Europa und Nordamerika zum Erfahrungsaustausch über den aktuellen Stand der Forschung bei Bioaerosolen.


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