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Berufliche Rehabilitation wirkt!

Hände die Daumen nach oben zeigen
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Nadine arbeitete eigentlich sehr gerne in der Parfümerie in der Innenstadt. Dass sie innerhalb von wenigen Jahren immer öfter im Wartezimmer ihrer Hautärztin sitzen würde, war allerdings nicht vorgesehen – nur cortisonhaltige Salben halfen gegen die unangenehmen, immer wiederkehrenden Ekzeme auf ihren Händen. Schließlich beantragte Nadine auf Anraten ihrer Ärztin die Anerkennung einer Berufskrankheit bei der AUVA. Mit der Ablehnung derselben war die Geschichte von Nadine keineswegs zu Ende. Was viele nicht wissen: Die AUVA gewährt ihren Versicherten berufliche und soziale Rehabilitationsmaßnahmen, wenn „bei der Fortsetzung der bisherigen Beschäftigung die Gefahr besteht, dass eine Berufskrankheit entsteht oder sich verschlechtert.“ Warum, wird im § 211 ASVG ebenfalls ausgeführt: Der Übergang zu einer anderen Erwerbstätigkeit, die sie dieser Gefahr nicht aussetzt, soll ohne wirtschaftliche Einbußen ermöglicht werden. Der Gutachter schlug eine Ausbildung zur Kindergartenpädagogin vor – das wäre eine Möglichkeit gewesen. Nach erfolgreicher Studienberechtigungsprüfung finanzierte die AUVA auf Wunsch der Versicherten aber ein Lehramtsstudium, das Nadine mit Auszeichnung abschloss – und Ekzeme hat Nadine schon lange keine mehr.

Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation

Jährlich werden von der AUVA über tausend Rehabilitationsanträge auf Maßnahmen der beruflichen und sozialen Rehabilitation behandelt – es werden Dienstgeber- und Dienstnehmerzuschüsse sowie Umschulungsmaßnahmen oder Pkw-Darlehen, Wohnbauzuschüsse und „Sonstige Maßnahmen“ gewährt. Bei Gewährung von Dienstgeberzuschüssen erhält der Rehabilitand dasselbe Gehalt wie vor dem Eintritt des Versicherungsfalls, sei es nun ein Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit. Deshalb wurde in der folgenden Untersuchung der Fokus auf originäre Umschulungsmaßnahmen gelegt. Untersucht wurde eine Stichprobe aus 100 zufällig gewählten Personen, die im Jahr 2013 eine Schulungsmaßnahme der beruflichen Rehabilitation in Anspruch genommen haben, die nicht durch einen Dienstgeberzuschuss finanziert wurde.

Tabelle: Entwicklung der Beitragsgrundlagen
Tab. 1: Entwicklung der Beitragsgrundlagen
Tabelle: Anteil und Anzahl der beschäftigten Personen
Tab. 2: Anteil und Anzahl der beschäftigten Personen

Einkommensentwicklung

Die Statistikerinnen wollten wissen, ob diese von der AUVA betreuten Rehabilitanden nach Ende ihrer Umschulungsmaßnahme ein vergleichbares Einkommen „wie früher“ – also vor Eintritt des Versicherungsfalls – haben. Um das herauszufinden, wurden für die hundert Personen die Beitragsgrundlagen (BGL) ein Jahr vor dem Eintritt des Versicherungsfalls (EdVF), im Jahr des Schadensfalls, sowie ein Jahr, drei Jahre und fünf Jahre nach Ende der Umschulungsmaßnahme herausgesucht. In der Stichprobe fanden sich Personen mit 37 unterschiedlichen „Ausgangsberufen“, darunter Chemiker, Friseure, Metallarbeiter, Handwerker, Tierpfleger oder Baufachkräfte. Manche sind bei Haut- und Atemwegserkrankungen besonders gefährdet, und Arbeitsunfälle können sowieso jeden treffen, insbesondere, wenn man bedenkt, dass auch der Weg von und zur Arbeitsstätte versichert ist. Natürlich hatten nicht alle zu allen Zeitpunkten ein „normales“ Einkommen. Um die Ausreißer richtig einzuordnen, wählte man für den Vergleich nicht den arithmetischen Mittelwert, sondern den Median. Die betroffenen Rehabilitanden mussten im Jahr des Eintritts des Versicherungsfalles (EdVF) Einbußen in ihren Einkommen verzeichnen – die allenfalls von der AUVA ausgeglichen wurden. Nach Beendigung der Umschulungsmaßnahme erhielten die Personen, die einer Beschäftigung nachgingen, annähernd dasselbe bzw. auch ein höheres Gehalt. Nach drei und fünf Jahren übersteigen die Gehälter den Median sogar um rund 400 Euro. Die Beitragsgrundlagen wurden monatlich berechnet und mittels Aufwertungsfaktoren angepasst. (vgl. Tabelle 1).

Beschäftigungsverhältnisse

Dass die AUVA-Umschulungsmaßnahmen wirksam sind, zeigt sich auch anhand des Beschäftigungsgrads der Rehabilitanden. Die Stichprobe stammt aus den bewilligten Umschulungsmaßnahmen des Jahres 2013. Die Bandbreite an möglichen Ausbildungen ist hoch – so vielfältig wie die Interessen und Fähigkeiten des oder der Einzelnen. Der Besuch einer HTL dauert länger als die Umschulung zum Heilmasseur oder zur Behindertenbegleiterin, die Lehre zur Augenoptikerin ungefähr gleich lang wie die Vorbereitung zur Befähigungsprüfung als Baumeister. Nach Absolvierung der Ausbildung zum Mechatroniker, zur Bürokauffrau oder gar eines Bachelorstudiums sind teilweise noch keine fünf Jahre vergangen – diese Fälle fehlen in der Fünfjahresliste in Tabelle 2.

Circa 6 % der Empfängerinnen und Empfänger von Umschulungsmaßnahmen verblieben in ihrem ursprünglichen Betrieb, alle anderen konnten woanders Fuß fassen – und das nicht nur für kurze Zeit: 25 % verblieben zwei Jahre im neuen Betrieb, in dem sie ein Jahr nach Beendigung der Umschulung beschäftigt waren. 15 % sind sogar noch nach vier Jahren im gleichen Betrieb berufstätig. Noch stärker zeigt sich ein Verbleib im Betrieb drei Jahre nach Beendigung der beruflichen Rehabilitation. 36 % der Personen sind hier über zwei Jahre im selben Betrieb tätig.

Tabelle: Zusammenhang Umschulungskosten – Beschäftigungsverhältnisse
Tab. 3: Zusammenhang Umschulungskosten – Beschäftigungsverhältnisse

Sehr gern hätten die Statistikerinnen und Statistiker der AUVA festgestellt, ob die Personen später auch genau jenen Tätigkeiten nachgehen, auf die sie umgeschult wurden. Ein Jahr nach Beendigung der Umschulungsmaßnahme kann man diese Frage bei einem Drittel mit Sicherheit bejahen, dieser Wert fällt nach drei Jahren auf ein Viertel und nach fünf auf ein Fünftel. Dezidiert verneinen kann man die Frage nur in ganz wenigen Fällen (ein bis drei Prozent).  Aber schon nach einem Jahr ist es nicht möglich, aus den Daten aufgrund des Dienstgebers, der ermittelt wurde, auch auf die genaue Tätigkeit zu schließen. Eine Direktbefragung würde natürlich Abhilfe schaffen. Darüber hinaus bleibt zwangsläufig auch eine Gruppe, bei der es zum Zeitpunkt der Abfragen aufgrund des Status als Bezieher oder Bezieherin von Kinderbetreuungsgeld oder Krankengeld nicht möglich war, Aussagen zu treffen.

Umschulungskosten

Bei originären Umschulungen erhält der Rehabilitand von der AUVA das sogenannte Übergangsgeld von maximal 80 Prozent der Bemessungsgrundlage. Bei Lehrausbildungen wird mittels Dienstnehmerzuschuss ein Lohnausgleich bewirkt, sodass das Lohnniveau vor dem Arbeitsunfall oder der Berufskrankheit nicht unterschritten wird. Bei den in diesem Artikel betrachteten Umschulungen können auch Kurskosten, Fahrt- und Unterbringungskosten oder Kosten für Lehrmittel enthalten sein. 

Tabelle 3 zeigt die prozentuelle Verteilung der Beschäftigungsverhältnisse nach Umschulungskosten drei und fünf Jahre nach Ende der Umschulung. Die Umschulungskosten sind nach Quantilen aufgeteilt, jeder Abschnitt umfasst ein Viertel der umgeschulten Personen. Bei den aufwändigsten Maßnahmen ist die Aussagekraft nach 5 Jahren noch nicht gegeben, aber gerade hier geht man in der AUVA davon aus, dass der Anteil unter „nicht beschäftigt“ gering werden sollte. Es gibt demgemäß keine Korrelation zwischen der Höhe der Umschulungskosten und der Beschäftigungsrate. Sowohl „billige“ als auch „teure“ Maßnahmen erweisen sich als wirkungsvoll.

Resumee

Circa drei Viertel der Umschulungen sind definitiv erfolgreich. Das bedeutet, dass die Empfänger einer Umschulungsmaßnahme das Gelernte in den angestrebten Branchen umsetzen können, bzw. diejenigen, bei denen das nicht direkt ermittelt werden konnte, zumindest ebenfalls wieder ein vergleichbares oder sogar besseres Einkommen als vor dem Unfall hatten.

Zusammenfassung

Eine statistische Analyse aus 100 zufällig ausgewählten Personen zeigt, dass Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation ihr Ziel zu einem hohen Prozentsatz erreichen.


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