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Entstehung und Auswirkung von Arbeitsbewegungen

Symbolbild Gehirn
Adobe Stock / monsitj

Die Prävention arbeitsbedingter Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE) ist ein wichtiger Präventionsschwerpunkt der AUVA. AUVAfit – ein Programm zur Verbesserung der Qualität der Arbeitsplätze – steht den Betrieben kostenlos zur Verfügung und hat das Ziel, arbeitsbedingte psychische Belastungen und arbeitsbedingte Belastungen des Bewegungs- und Stützapparats sowie deren Wechselwirkungen zu vermeiden bzw. zu beseitigen [1]. 2007 fand unter reger Beteiligung der AUVA eine Tagung zur europäischen Kampagne „Pack’s leichter an!“ in Wien statt. Neben der wertvollen Vernetzung von Erfahrungen führte die Kampagne zu neuen Erkenntnissen, Medien und Produkten [2].

Anlässlich der Kampagne 2020–2022 „Gesunde Arbeitsplätze – Entlasten Dich!“ der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) verstärkt die AUVA aktuell ihre Bemühungen im Bereich arbeitsbedingter Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE) [3].

Alle Arbeitstätigkeiten werden durch Bewegungen ausgeführt – und alle Bewegungen werden durch Sinnesleistungen reguliert. Das gilt heute wie in Zukunft gleichermaßen. Die Autorin möchte auf diesen wichtigen Aspekt der Regulierung von Arbeitsbewegungen durch die Sinne hinweisen. Hacker und Sachse bieten dazu einen Überblick, der auch für die Praxis der Prävention bedeutsame Hinweise liefert und der die Grundlage für diesen Artikel bildet [4]. Berücksichtigt man diesen Aspekt, ergeben sich zusätzliche Chancen in der Prävention, z. B. die der Fehlhandlungsvermeidung. In vielen Branchen kommt es zu einem Wandel der arbeitsbedingten Belastungen durch Arbeitsbewegungen. Was es dabei zu beachten gilt, soll in diesem Artikel ebenfalls behandelt werden. 

Alle Arbeitstätigkeiten werden durch  Bewegungen ausgeführt

Wahrnehmung und Bewegung sind eng miteinander verknüpft. Für eine menschengerechte Arbeitsgestaltung sind Bewegungsanalysen, die sich nur auf die Beobachtung der Ausführung beschränken, oder die reine Betrachtung der Anwendungsfälle (Use Cases) nicht geeignet. 

Arbeitsmotorik ist außerdem immer ein abhängiger Bestandteil der Handlungen, denen sie dient. Bewegungen kann man deshalb nicht von außen betrachten, weil neuronale Mechanismen immer beteiligt sind. 

Arbeitsbewegungen im Wandel der Zeit

Auch in einer digitalisierten Welt bleiben bestimmte Arbeitsbewegungen gleich und nehmen sogar zu, wie das beim Heben und Stützen in der Pflege oder beim Stehen im Verkauf der Fall ist. Aufgrund wachsender Mobilität nehmen auch Belastungen durch Haltungen beim Fahren in Kraftfahrzeugen zu. Sind damit drastische Zeitvorgaben verbunden, betonen Hacker und Sachse, würden bei diesen Tätigkeiten vermehrt MSE verursacht, was Programme und Kampagnen mehr als notwendig erscheinen lässt.  

Auf andere Arbeitsbewegungen wird offenbar leicht vergessen, obwohl sie in einer digitalisierten Welt von großer Bedeutung sind: Schreiben, Sprechen, Eingeben in eine Tastatur oder auf dem Touchscreen. Für zunehmend mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch in der Industrie 4.0 sind Smartphones oder Tablets Arbeitsmittel.

Hacker und Sachse erinnern daran, dass auch die willentlich regulierte Motorik, die Psychomotorik, sensumotorisch reguliert wird. Da Arbeitsmotorik ein abhängiger Bestandteil der Handlungen sei, gelte das auch für Handlungen, die durch Schreiben und auch durch Sprechen durchgeführt oder erledigt würden.

In anderen Branchen kommt es zu einem Wandel der Arbeitsbewegungen und einer Verlagerung der Anforderungen an die Arbeitsbewegungen. Arbeitsbewegungen, so die Autoren, verlagern sich von hohem Kraftaufwand zu größerer Feinheit, differenzierterer Kraftdosierung der erforderlichen Bewegungen und höherer raum-zeitlicher Präzision der Bewegungsführung speziell in Mensch-Maschine-Systemen. Feinmotorische Arbeiten mit Werkzeugen werden durch die zunehmende Verkleinerung der Bauteile noch anspruchsvoller und koordinationsintensiv und erfordern die Einschaltung sogenannter „sensorischer Vermittlungsglieder“ wie Vergrößerungsinstrumente (Mikroskop, Lupe). Auch „motorische Vermittlungsglieder“ gewinnen im Arbeitsprozess an Bedeutung, wie im Fall von Mikrurgie-Geräten (Mikroskop + Werkzeug oder Manipulatoren). Da Wahrnehmung und Bewegung eng miteinander verknüpft seien, entstehen laut Hacker und Sachse durch Vergrößerungen, Drehungen im Raum, oder durch zeitliche Verzögerungen komplizierte Anpassungs- und Rückanpassungsprozesse [4]. 

Zu einer Vermischung von virtueller Realität (VR) und der Wahrnehmung der Wirklichkeit kommt es bei der Anwendung von visuellen Ausgabegeräten am Kopf (Head-Mounted Display (HMD)). Die Einsatzmöglichkeiten in der Arbeitswelt sind vielfältig, z. B. lassen sich Operationstechniken oder Fahrzeugbedienung virtuell üben, Fernwartungen anleiten etc. Dadurch entstehen laut Hacker und Sachse komplizierte psychische Anforderungen, vor allem an die Koordination der Bewegungen, und aufwendige Lernprozesse, umfangreiche Umstellungsvorgänge werden nötig.

Um die Herausforderungen einer digitalisierten Welt zu bewältigen, ist ein gemeinsames Vorgehen von Technik, Psychologie und Ergonomie unerlässlich.

Sylvia Rothmeier-Kubinecz

Heute wissen wir viel über Problemstellungen im Zusammenhang mit Umstellungsvorgängen und Anpassungsprozessen und die ihnen zugrundeliegenden kognitiven und neuralen Prozesse. Zu verdanken haben wir das einer Forschungsmethode, den Brillenversuchen. Ausgangspunkt der Wahrnehmungsforschung waren die Brillenversuche an der Universität Innsbruck von Theodor Erismann und Ivo Kohler bereits Mitte des vorigen Jahrhunderts. Zunächst wurde die Forschung durch die Frage angetrieben, wie es trotz des umgekehrten Netzhautbildes zum Aufrechtsehen kommt [5]. Hierbei wurden optische Signale durch optische Mittel (Linsen, Spiegel, Prismen, Farbfilter etc.) transformiert und in Brillenform dauerhaft vor den Augen getragen. Das Sichtfeld konnte damit umgedreht oder verzerrt werden, z. B. oben-unten, links-rechts. In dieser Versuchsanordnung konnten vor allem wichtige Erkenntnisse zu den Anpassungsprozessen gewonnen werden. 

Sachse et al. haben 2017 mit ihrem inspirierenden Artikel „The world is upside down“ einen lesenswerten historischen Überblick verfasst [6]. Zusammenfassend meinen Sachse et al. [6, S. 299]: 
„Human perception proves to be remarkably plastic and adaptive.“, und das ist die gute Nachricht:
Übersetzt mit deepL (13.1.2021)
„Die menschliche Wahrnehmung erweist sich als bemerkenswert plastisch und anpassungsfähig.“

Gerade, weil das so ist, muss es eine Forderung im ArbeitnehmerInnenschutz sein, Arbeitsplätze, die mit sogenannter sensorischer oder motorischer Vermittlung oder HMD arbeiten, auch auf diesen Aspekt hin zu evaluieren. Dabei sind u. a. die Umstellungsvorgänge, die negativen Nacheffekte (situational after-effects) als Adaptionsprozess zu berücksichtigen. 

Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich, dass für ein sachkundiges Arbeitsstudium die Kenntnis und das Wissen um die Regulation von Arbeitsbewegungen unerlässlich sind. Eine Auswahl an Besonderheiten der sensumotorischen Regulation und deren Implikationen für die Praxis sollen hier ausgeführt werden.

Analyse der Arbeitsbewegungen unter dem regulatorischen Aspekt 

Zunächst erfordert eine Analyse eine Klassifikation der Arbeitsbewegungen unter dem regulatorischen Aspekt. Zwei Unterscheidungsmerkmale sollen aus der Aufzählung nach Sachse und Hacker herausgegriffen werden: die gezielte und die geführte Bewegung. Regulatorisch bestehe der Unterschied vor allem darin, dass bei gezielter Bewegung eine Steuerung und bei geführter Bewegung eine Regelung vorliege.

Beispiele für Zielbewegungen sind greifen oder schlagen, sie folgen ballistischen Bahnen. Das hat laut den Autoren zur Folge, dass die Kontrolle und Korrektur visuellen Ursprungs aus Laufzeitgründen bei Zielbewegungen erst in der Schlussphase möglich sind. Beispiele für Führungsbewegungen sind gravieren, schreiben, lenken oder Einstellbewegungen an Bedienteilen eines Arbeitsmittels, wie Kran, Stapler oder Kfz. Dabei können jederzeit Änderungen wie Abbremsen, Tempoänderung, Richtungswechsel, oder Dosierungswechsel erforderlich werden. Das macht eine Rückmeldung über die eigenen motorischen Aktionen notwendig. Jede Phase in Laufzeitabständen wird an Reafferenzen (= Rückmeldung der Erfolgsorgane) korrigiert, was durch Muskelspannung erreicht wird. 

Für den Präventionsschwerpunkt ist von Bedeutung, dass die Muskelspannung je nach Anforderungen zu verspannten oder verkrampften Bewegungen führen kann. Für die Praxis in der Industrie 4.0 ist das besonders in der Zusammenarbeit mit kollaborativen Robotern von Bedeutung. Bei mangelhafter Auslegung kann es zu einer massiven Behinderung der Regulation der Arbeitsbewegungen kommen.

Bei Ausübung der Arbeitsbewegungen unter Beiziehung von Geräten und Maschinen bzw. in Mensch-Maschine-Systemen sind zudem auch andere regulatorische Besonderheiten zu beachten. Schon die Ergebnisse der vorher erwähnten Brillenversuche weisen auf das Grundproblem des Zusammenspiels unterschiedlicher Sinne bei der Wahrnehmung hin. Allgemeiner ausgedrückt haben diese Erkenntnisse Auswirkungen für die Auslegung von Arbeitsmitteln wie z. B. Kraftfahrzeugen. Arbeitsmittel mit ihren Eigenschaften werden in die den Bewegungsprogrammen zugrundeliegenden Affarenzsynthesen einbezogen, als wären es Glieder des eigenen Organismus:

„Die Körperdrucksensation beim Abbremsen oder Beschleunigen eines Fahrzeuges am Rücken werden unmittelbar  erlebt und beantwortet als Eigenheiten der Stabilität der Fahrbahnanlage des Fahrzeuges und der Fahrbahnbeschaffenheit.“ [4, S. 385]

Diesem Forschungsbereich kommt vor allem dann Bedeutung zu, wenn Sinnesorgane durch Sensoren ersetzt werden sollen. Im Gegensatz zur menschlichen Wahrnehmung beruhen Sensoren auf einer starren Zuordnung zu Umweltreizen. Das Grundproblem des Zusammenspiels unterschiedlicher Sinne bei der Wahrnehmung muss schon bei der Entwicklung technischer Systeme berücksichtigt werden und kann durch KI nicht ersetzt werden.

Warum ist das so?

Mindestens drei Merkmale der sensumotischen Regulation spielen für die Praxis bzw. für die Arbeitswelt eine Rolle:

  1. deren (neurophysiologische) Struktur [4, S. 386 ff.]
  2. die der bewegungsleitenden Abbilder und [4, S. 395 ff.]
  3. die der Bewegungsprogramme

Deren Relevanz für Arbeitsbewegungen, speziell im Zusammenhang mit technischen Systemen, soll anhand des dritten Merkmals „Bewegungsprogramme“ aufgezeigt werden.

Bewegungsprogramme und ihre Bedeutung für die Praxis

Vereinfacht gesagt, führen die beiden erstgenannten Eigen schaften der sensumotorischen Regulation zu einem Bewe gungs entwurf/-programm. Hacker und Sachse beschreiben, dass das Programm zum Bewegungsentwurf die Bewegungsausführung vorwegnehme und damit ein Vergleichsmuster liefere, dessen Realisierung in mehrfacher Weise rückgemeldet wird.

Laut Keele (1981) „… ist ein Bewegungsprogramm ein Satz an Befehlen an die Muskeln, der VOR Beginn einer Bewegungsfolge organisiert wird und ihre Ausführung leitet“ [4, S. 410]. Die Befehlslisten entstammen teils dem Gedächtnis und teils aus sensorischen Rückmeldungen. 

Im Langzeitgedächtnis (LZG) abgespeicherte Bewegungsprogramme sind aber mehr als eine Liste an Befehlen in zeitlicher Ordnung. Erst wenn man mit einbezieht, dass die Ordnung, in der eine Sequenz von Operationen ablaufen soll, als hierarchischer Prozess im Organismus (wie im ersten Absatz des Abschnitts beschrieben) zu betrachten ist, lassen sich Bewegungsprogramme beschreiben.

Es gibt also lt. Hacker und Sachse kein streng festgelegtes Programm, das sequenziell auf nur einer Ebene abläuft. „Bewegungsprogramme“ sind folgerichtig keine automatisch ablaufenden Programme wie die eines Automaten. Zahlreiche Kennzeichen von Bewegungsprogrammen lassen sich unter dem hierarchischen Aspekt betrachtet besser erklären.

Zum besseren Verständnis für ihre Bedeutung für die Prävention wird auszugsweise auf einige Aspekte der Bildung von Befehlsgruppen eingegangen.

  • Die Abfolge eines Programms (sequenziell-hierarchischer Struktur) wird durch verallgemeinernde „Aktionsschemata“ auf übergeordneten Ebenen höherer geistiger Prozesse bestimmt. 

Beispiel: 
Für das Sprechen konnte gezeigt werden, dass beim Sprechen „Grammatikregeln“, „Sprachaufbauregeln“ das Sprechen bestimmen. Ein sprechender Mensch weiß, was er sagen will, d. h., was er sagen wird. 

Generalisierte „Befehls-“Gruppen, „Aktionsschemata“ sind Erzeugungsregeln vergleichbar, die „vorausschauend“ Abfolgen entwickeln oder Unterprogramme wählen. Vermutlich werden Aktionsschemata auch in Arbeitsbewegungen wirksam. 

Wie schon eingangs erwähnt, ist eben die Vorwegnahme/Antizipation für die Entstehung von Programmen unerlässlich. Hacker und Sachse führen dazu aus, würden Ausführung oder Ziel einer Arbeitsbewegung beeinträchtigt oder unterbunden, käme es unter Umständen zu schwerwiegenden Folgen. 

Beispiel: 
Ist das Sehfeld oder Ziel einer Arbeitsbewegung eingeengt, wird die Bewegungsweite falsch eingeschätzt und muss in der Endphase korrigiert werden. 

Die Relevanz für Arbeitsplätze, die mit einem Head-Mounted Display arbeiten, ist offensichtlich.

  • Der Ursprung des flüssigen Ausführens von Bewegungen liegt in der Entstehung von „motorischen Impulsmustern“.

Für Fehlhandlungsvermeidung in der Prävention, aber auch für Spitzenleistungen ist die flüssige Ausführung von Bewegungen unerlässlich. Hacker und Sachse nennen die folgenden Voraussetzungen dafür:

Für das Gelingen müssten die Einzelverrichtungen der Tätigkeit in eine bestimmte Abfolge gebracht werden und zu bestimmten Zeitpunkten erfolgen. Dabei müssten abgeschlossene Bewegungen blockiert und nachfolgende Bewegungen aktiviert werden. Das Umsetzen eines Bewegungsabschnitts erfolge dabei überlappend mit dem Vorbereiten des nächsten Abschnitts. Leicht beobachtbar sei das bei Fehlleistungen, die auf der falschen zeitlichen Einordnung beruhen, wie das Verschreiben oder Versprechen. 

Die enorme Bedeutung, die dieses Kennzeichen der sensumotorischen Regulation für den Menschen hat, sei die praktische Mehrleistung, also die Zeitverkürzung bis zu einer weit über der Reaktionszeit liegenden Leistung.

Beispiel: 
Die Reaktionszeit für einen Tastendruck auf ein optisches Signal hin bei zehn Wahlalternativen liegt bei mindestens 660 msec. 

Das ist die Zeit, die vom „optischen Ansprechen“, über die „Afferenzleitung“, bis zur „zentralen Analyse und Zuordnung über die Efferenzleitung“ bis zur „Muskelaktion“ verläuft. 

Das entspricht 1,5 Anschlägen pro Sekunde beim Computerschreiben. Hochgeübte erreichen jedoch 7 bis 8, Spitzenleistungen liegen bei 10 Anschlägen.

  • Bewegungsprogramme zeigen hohe Flexibilität innerhalb der Muskelgruppen 

Hacker und Sachse heben ein weiteres wichtiges Merkmal hervor: Das vielleicht offensichtlichste Kennzeichen von Bewegungsprogrammen sei ihre Flexibilität innerhalb der Muskelgruppen, motorische Äquivalenz genannt. Gemeint sei damit die Übertragbarkeit erlernter Bewegungsprogramme bzw. deren Ausführung durch völlig unterschiedliche Muskelgruppen. Das lässt den Schluss zu, dass das Programmieren der Form einer Bewegung zumindest teilweise unabhängig von den einbezogenen einzelnen Muskelgruppen ist. 

Beispiel: 
Das Schreiben von „a“ gelingt mit der rechten Hand, mit der linken Hand, mit dem Fuß, auch durch den Mund etc.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass an motorischen Programmen von Arbeitsbewegungen nicht nur die sensumotorische Regulation beteiligt ist, sondern auch alle anderen Ebenen der Regulation. Die Verbindung einfacher sensorischer Prozesse mit direkter Verbindung zu höheren Prozessen, z. B  zum Gedächtnis, macht deutlich, dass eine Arbeitsbewegung nicht isoliert betrachtet werden kann.

Fazit und Ausblick

Zieht man in Betracht, dass alle Arbeitstätigkeiten durch Bewegungen ausgeführt werden, aber ebenso alle Bewegungen durch Sinnesleistungen reguliert sind, bekommt der Präventionsschwerpunkt zusätzliche Bedeutung und ein breites Betätigungsfeld. Die Umwelt verändert sich und damit auch die Bewegung in ihr. Durch die zunehmende Verschränkung von Mensch-Maschine-Systemen ist die Prävention von Fehlhandlungsvermeidung schon bei der Entwicklung der Systeme anzusetzen, um die digitale Zukunft sinnvoll und menschengerecht zu gestalten. 

Dabei ist es unerlässlich, nicht nur die körperliche Beanspruchung durch Arbeitsbewegungen zu analysieren, sondern auch deren Zustandekommen mit zu berücksichtigen.

Die Liste der Fragestellungen in der Praxis, bei denen Kenntnisse in der kognitiven Psychologie und der Ergonomie von Vorteil sind, ist lang: Beispiele sind die Einführung des papierlosen Büros, die Planung von Pflegerobotern oder kollaborativen Robotern, eines automatisierten Hochregallagers, oder der Gebrauch von sensorischer und motorischer Vermittlung durch immer komplexere Geräte oder Manipulatoren. 

Kenntnisse der sensumotorischen Regulation sind überdies für folgende Gestaltungsaufgaben erforderlich:

  • Auslegung feinmotorischer Montagetätigkeiten
  • sachgerechte Auswahl und Gestaltung von Bedienteilen an Geräten und kompletten Bedienfeldern in Mensch-Maschine-Systemen
  • Gestaltung von Manipulationsbereichen an Maschinen 
  • das sachkundige Arbeitsstudium 
  • die Evaluierung arbeitsbedingter Belastungen

Bei aller technischen Entwicklung darf man nicht vergessen, dass unser Gehirn die effizienteste „Maschine“ ist: Es kann vorausdenken, Abläufe maximieren und lernt ununterbrochen dazu. Dadurch ist es zu Hochleistungen fähig. 

Um die Herausforderungen einer digitalisierten Welt zu bewältigen, ist ein gemeinsames Vorgehen von Technik, Psycho logie und Ergonomie unerlässlich.

LITERATUR

  • [1] Präventionsprogramm AUVAfit: Download: 12.01.2021 https://www.auva.at/cdscontent/?contentid=10007.673330&portal=auvaportal
  • [2] Europäische Kampagne „Pack’s leichter an!“  Gemeinsam gegen Muskel- und Skeletterkrankungen: Download: 12.1.2021 https://www1.arbeitsinspektion.gv.at/ew07/artikel/content03.htm
  • [3] EU-Kampagne 2020-2022 „Gesunde Arbeitsplätze – Entlasten Dich!“: Download: 12.01.2021 https://www.auva.at/cdscontent/?contentid=10007.860817&portal=auvaportal
  • [4] Hacker, W. & Sachse, P. (2014). Sensumotorische Regulation von Arbeitstätigkeiten. 375–417. In: Allgemeine Arbeitspsychologie – Psychische Regulation von Tätigkeiten, (3. Auflage). Göttingen: Hogrefe.
  • [5] Arnold, W., Eysenck, J., Meili, R. (1987). Lexikon der Psychologie. 4. Auflage. Bd. 1, S. 298. Verlag: Herder-Taschenbuch.    
  • [6] Sachse, P., Beermann, U., Martini, M., Maran, T., Domeier, M. & Furtner, M.R. (2017). The world is upside down – The Innsbruck Goggle Experiments of Theodor Erismann (1883–1961) and Ivo Kohler (1915–1985). Cortex, 92, 222–232. 

Zusammenfassung

Die Autorin analysiert die Hintergründe der Arbeitsbewegungen und leitet daraus Konsequenzen für die Prävention, beispielsweise die Vermeidung von Fehlhandlungen, ab. 


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