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Good Practice – Hautschutz

Friseurbetriebe: Schutz mit Style

Friseure:Friseurinnen sind eine der Hochrisikogruppen für berufsbedingte Haut­erkrankungen. Schon Lehrlinge müssen mit Präventionsmaßnahmen wie dem Tragen geeigneter Schutzhandschuhe und der Vermeidung des Kontakts mit allergieauslösenden Stoffen vertraut gemacht werden.

die Haar eine Frau werden über eine Waschbecken gewaschen. Die Hände sind durch Handschuhe geschützt
© Richard Reichhart

Hauterkrankungen zählen zu den häufigsten Berufskrankheiten. Mit einem Anteil von 22 Prozent liegen Friseure:Friseurinnen an erster Stelle, wobei vor allem Lehrlinge betroffen sind. In rund neun von zehn Fällen erfolgt eine Berufskrankheiten-Meldung bereits im ersten Lehrjahr. Umso wichtiger ist es, dass Menschen, die sich für den Friseurberuf entscheiden, von Anfang an lernen, sich zu schützen. Nicht nur Haut- und Atemwegserkrankungen, auch berufsassoziierte Erkrankungen des Bewegungs- und Stützapparats lassen sich durch rechtzeitig gesetzte Präventionsmaßnahmen verhindern.

„Friseurin ist für viele junge Mädchen ein Traumberuf. Man muss sie von vornherein unterstützen, um gesundheitliche Risiken zu reduzieren“, erklärt Dr.in Roswitha Hosemann, medizinische Fachkoordinatorin Haut der AUVA. Zu diesem Zweck stattet die AUVA alle Friseur:innen-Berufsschulen mit geeigneten Schutzhandschuhen und beruflichen Hautmitteln für praktische Übungen aus. Damit soll garantiert werden, dass die angehenden Friseure:Friseurinnen die richtige Persönliche Schutzausrüstung (PSA) kennenlernen und in ihrem späteren Berufsleben auch verwenden.

Geeignete Handschuhe verwenden

Dass das nicht immer der Fall ist, stellte Dr. Mohamed Dergham vom arbeitsinspektionsärztlichen Dienst für die Steiermark und Kärnten im Rahmen eines Schwerpunkts zum Thema Hautschutz bei Friseuren:Friseurinnen fest. „Das Arbeitsinspektorat Kärnten hat 16 Friseurbetriebe besucht, in einem einzigen davon ist die richtige PSA verwendet worden“, so Dergham. Oft bestehen die Handschuhe aus einem ungeeigneten Material oder haben die falsche Größe. Empfohlen werden Handschuhe aus Nitril mit einer mindestens 30 cm langen Stulpe. Reagiert ein:e Friseur:Friseurin auf Inhaltsstoffe von Nitrilhandschuhen allergisch, sollte er:sie zu ungepuderten Einmalhandschuhen aus Vinyl greifen.

Häufig werden Handschuhe zwar beim Auftragen der Haarfarbe verwendet, um eine Verfärbung der Hände zu vermeiden, aber nicht beim Haarewaschen. Insbesondere warmes Wasser lässt die Haut aufquellen und zerstört die Schutzschicht. Die Haut rötet sich, schuppt, juckt, wird anfälliger für Verletzungen und es kann sich ein Ekzem entwickeln. Betroffen sind laut Hosemann vor allem Lehrlinge, da Haarewaschen eine Aufgabe ist, die meist Berufsanfänger:innen übernehmen.

Ständiger Kontakt mit Wasser, Haarfarben und anderen in Friseursalons verwendeten Mitteln können irritative oder allergische Kontaktekzeme auslösen. „Irritative Kontaktekzeme sind häufiger als allergische, sie lassen sich mit Schutzmaßnahmen gut in den Griff bekommen. Auf der Basis eines irritativen Ekzems entstehen oft Allergien, da Allergene bei vorgeschädigter Haut leichter eindringen können. Eine Allergie ist nicht heilbar, aber man hat keine Symptome, wenn man den Kontakt mit dem Allergen meidet“, erläutert Hosemann den Unterschied zwischen den beiden Arten von Ekzemen.

Symptome nicht ignorieren

Den Betroffenen ist meist nicht klar, um welche Hauterkrankung es sich handelt. Mitunter verschweigen – vor allem junge – Angestellte von Friseursalons ihre gesundheitlichen Probleme, da sie fürchten, ihren Job zu verlieren. Sie informieren ihren:ihre Arbeitgeber:in erst, wenn die Erkrankung schon weiter fortgeschritten ist. Das kann laut Hosemann schwerwiegende Folgen haben: „Man sollte die Symptome nicht ignorieren, sondern möglichst früh handeln, damit kein bleibender Schaden eintritt.“

Erstattet der:die Arbeitgeber:in oder der:die behandelnde Arzt:Ärztin eine Berufskrankheiten-Meldung bei der AUVA, wird eine umfassende Abklärung mit allergologischen Tests durchgeführt. Nach einer individuellen Hautschutzschulung unternimmt der:die Betroffene einen Arbeitsversuch, um herauszufinden, ob er:sie mit den entsprechenden Schutzmaßnahmen weiterhin am bisherigen Arbeitsplatz tätig sein kann. Bei schweren oder bereits chronischen Handekzemen wird eine stationäre Abklärung in der AUVA-Rehabilitationsklinik Tobelbad durchgeführt. Eine Anerkennung als Berufskrankheit erfolgt, wenn ein Aufgabezwang der beruflichen Tätigkeit erforderlich und die Aufgabe auch tatsächlich erfolgt ist.

eine Frau rührt in einer Schüssel eine farbige Paste an. Die Hände sind durch Handschuhe geschützt.
Kontakt mit den in Friseur­salons verwendeten Mitteln können allergische Reaktionen auslösen. Das Tragen geeigneter Schutzhandschuhe vermeidet das Ausbilden einer Kontaktallergie. © R. Pexa

Allergische Reaktionen

Damit es nicht so weit kommt, sollten Arbeitgeber:innen Stoffe, die für ihre sensibilisierende Wirkung bekannt sind, ersetzen oder auf die Einhaltung der Schutzmaßnahmen genau achten. Am häufigsten verursachen Haarfarben, insbesondere dunkle, sowie Duft- und Konservierungsstoffe in Pflege- und Stylingprodukten wie Shampoo, Haarbalsam, Conditioner, Gel oder Haarspray allergische Reaktionen. Das in Blondiermitteln enthaltene Ammoniumpersulfat wirkt ebenfalls allergieauslösend.

Nicht nur Friseure:Friseurinnen, sondern auch Kunden:Kundinnen reagieren mitunter allergisch auf Friseurprodukte. Diese Erfahrung machte Edith Peturnig, Friseurin in der „Haar Zone“ im Kärntner Hermagor, einem Salon der Friseurstudio Elite GmbH von Inhaberin Lisa Parth, vor einigen Jahren. Das Problem konnte durch den Umstieg auf allergenarme Cremehaarfarben, die ein von Parth gegründetes Naturkosmetik-Unternehmen entwickelt hatte, gelöst werden.

„Meist kann man allergieauslösende Produkte nicht ersetzen, daher ist es wichtig, PSA zu verwenden. Beim Anrühren, Auftragen und Abwaschen der Haarfarbe müssen Schutzhandschuhe getragen werden“, betont Hosemann. Dabei sollte man auf die Einhaltung der Hygienemaßnahmen achten. Vor dem Anziehen der Handschuhe müssen die Hände trocken und sauber sein. Das richtige Ausziehen verschmutzter Handschuhe verhindert, dass es zum Kontakt mit allergenen oder anderen die Haut belastenden Stoffen kommt. Einmalhandschuhe sind nicht für einen mehrmaligen Gebrauch geeignet, beschädigte Exemplare müssen entsorgt werden.

Die Friseurin Edith Peturning föhnt die Haare einer Kundin
Edith Peturnig, Friseurin im Salon „Haar Zone“, arbeitet mit einem besonders leichten Föhn, um Schultern und Arme zu entlasten. © R. Pexa

Sensibilisierung auf Nickel

Besteht bei einem:einer Friseur:in der Verdacht auf eine Allergie, sollten alle metallenen Arbeitsmittel auf Nickel überprüft werden, so Dergham. Der Kunststoffring einer Schere aus mit Nickel legiertem Stahl könnte durch häufigen Gebrauch beschädigt sein, wodurch die Finger mit Nickel in direkten Kontakt kommen. Immer mehr Friseurbetriebe gehen dazu über, ihren Angestellten ausschließlich Schneide­werkzeug aus hochwertigem Stahl zur Verfügung zu stellen. Das gilt auch für die Elite-Friseurstudios in Kärnten, Salzburg und Tirol, wie die bei der Elite GmbH für Seminare und Events zuständige Sigrid Stattmann betont: „Wir verwenden in unseren Filialen nur nickel­freie Scheren.“

Reagiert ein:e Friseur:in auf Nickel allergisch, liegt das oft nicht an den Schneidewerkzeugen. Mittlerweile findet sich Nickel in Friseurbetrieben meist nur mehr in Friseurzubehör wie Haarnadeln oder Klammern. Laut Hosemann kann eine Sensibilisierung auf Nickel auch bereits vor dem Einstieg in den Beruf stattgefunden haben, etwa durch das Tragen von Modeschmuck oder Gürteln mit Schnallen aus nickelhaltigem Metall.

Neben der PSA trägt auch die regelmäßige Nutzung von Hautschutz- und Hautpflegemitteln dazu bei, der Entstehung von Allergien und anderen Hauterkrankungen vorzubeugen. Um zu vermeiden, dass diese Mittel selbst sensibilisierend wirken, sollte der:die Arbeitgeber:in Produkte ohne Farb-, Duft- und Konservierungsstoffe bereitstellen. Hautschutzcreme ist vor Arbeitsbeginn und mehrmals während der Arbeitszeit aufzutragen. Beim Händewaschen sollte man eine niedrigere Wassertemperatur wählen und milde, rückfettende Handreinigungsmittel verwenden. Die Hautschutzmittel sind von den Arbeitgebern:Arbeitgeberinnen auf ihre Kosten zur Verfügung zu stellen.

zwei Hände mit Handschuhen waschen Farbe aus dem Haar einer Frau
Nicht nur Friseure:Friseurinnen, sondern auch Kunden:Kundinnen reagieren mitunter allergisch auf Pflege- und Stylingprodukte sowie auf Haarfarben. © Richard Reichhart

Belüftung am Mischarbeitsplatz

Beim Verarbeiten von Haarfarben und Blondiermitteln, aber auch bei der Verwendung von Haarspray oder Parfum kann es zu einer irritativen oder einer allergischen Reaktion der Atemwege kommen. Treten nach der Verwendung eines Produkts Symptome wie Husten, Atemprobleme, Niesen oder eine „verstopfte“ Nase auf, deutet das auf eine allergische Reaktion hin. Allergisches Asthma zählt bei Friseuren:Friseurinnen zu den anerkannten Berufskrankheiten.

Zu den Schutzmaßnahmen gehört auch die Vermeidung des Einatmens schädlicher Stoffe. „Um die Atemluft so wenig wie möglich mit Dämpfen oder feinen Stäuben zu belasten, sollte am Mischplatz eine Absaugung installiert werden. Die Absaugung ist so zu planen, dass die Luft nach hinten oder unten abgesaugt wird. Eine mechanische Be- und Entlüftung kann gesetzlich nur dann vorgeschrieben werden, wenn die natürliche Lüftung des Arbeitsbereichs nicht ausreicht“, erklärt Dergham.

Ein leichter, leiser Föhn

Das Föhnen der Haare stellt aus mehreren Gründen ein Gesundheitsrisiko dar. Die heiße Luft trocknet die Haut der Hände aus, was die Entstehung von Ekzemen fördert. Laute Geräte können störende Ohrgeräusche (Tinnitus) zur Folge haben und auf Dauer zu einer Schädigung des Gehörs führen. „Unseren Kunden:Kundinnen ist es aufgefallen, als wir leisere Föhns bekommen haben“, erinnert sich Peturnig.

Der eigentliche Grund für die Anschaffung der neuen Geräte war allerdings ein anderer. Da man den Föhn während der Arbeit oft über Schulterhöhe hält, werden Schultern und Arme belastet. Peturnig entdeckte in einem anderen Friseur- und Nagelstudio leichtere und gleichzeitig leistungsstarke Föhns und stattete nach Rücksprache mit Parth ihren Salon mit den gleichen, nur 300 Gramm schweren Geräten aus.

Muskel-Skelett-Erkrankungen vorbeugen

Neben leichten, ergonomisch geformten Arbeitsgeräten wie Haartrocknern, Scheren und Bürsten hilft auch das richtige Mobiliar, Beschwerden des Bewegungs- und Stützapparats zu vermeiden. Die Friseursessel, in denen die Kunden:Kundinnen sitzen, die Waschbecken und die Hocker für die Friseure:Friseurinnen müssen höhenverstellbar und von ihrer Höhe so aufeinander abgestimmt sein, dass alle Arbeiten in einer aufrechten Position ausgeführt werden können.

Auch wenn Muskel-Skelett-Erkrankungen meist erst nach Jahren auftreten, muss man schon bei den Lehrlingen beginnen, sie z. B. auf die richtige Haltung hinzuweisen, ist Peturnig überzeugt: „Uns hat damals niemand gesagt, dass wir die Schultern bei der Arbeit nicht hochziehen sollen. Ich mache die Lehrlinge darauf aufmerksam.“ Um Zwangshaltungen aufzulösen, sollte man zwischen unterschiedlichen Tätigkeiten im Stehen bzw. im Sitzen wechseln.

Damit sich die Lehrlinge von Anfang an eine ergonomische Arbeitsweise angewöhnen, ist im Ausbildungsleitfaden der Elite-Friseurstudios auch die richtige Haltung genau beschrieben, etwa beim Schneiden und Waschen der Haare oder beim Formen und Färben der Augenbrauen. Praktisch geübt werden die Tätigkeiten in Trainings im Rahmen der Elite-Akademie.

Mentale Gesundheit fördern

Belastend sind nicht nur körperlich anstrengende Tätigkeiten, sondern ebenso psychische Faktoren. Die Auswirkungen der Pandemie machen auch vor dem Friseurberuf nicht halt. „Wir haben die 2G-Nachweise kontrollieren müssen, das haben die Kunden:Kundinnen oft nicht verstanden“, spricht Peturnig ein Problem an, das noch nachwirkt. Zu teils schwieriger Kundschaft kommt Stress durch höheren Arbeitsaufwand aufgrund von Personalmangel.

Um ihre Mitarbeiter:innen in dieser herausfordernden Zeit zu unterstützen, hat Parth das Projekt „Mental Health“ ins Leben gerufen. „Es zielt darauf ab, die mentale Gesundheit und das Wohlbefinden unserer Mitarbeiter:innen zu fördern. Sie können Techniken und Methoden zur Verbesserung ihrer mentalen Kompetenzen erlernen“, erläutert die Inhaberin der Elite-Friseurstudios. Weitere von ihr gesetzte Maßnahmen zur Schaffung eines förderlichen Arbeitsumfelds sind flexible Arbeitsbedingungen und die Bereitstellung von Ressourcen zur Stressbewältigung.

Zusammenfassung

Friseure:Friseurinnen sind eine Hochrisikogruppe für Hauterkrankungen. Die wichtigste Schutzmaßnahme besteht im Tragen geeigneter Handschuhe. Auch Erkrankungen der Atmungsorgane oder des Bewegungs- und Stützapparats lassen sich durch rechtzeitige Prävention verhindern. Zu den Vorzeigeunternehmen, insbesondere bei der Vermeidung von Muskel-Skelett-Erkrankungen und psychischen Belastungen, zählen die Elite-Friseurstudios.


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