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Good Practice

Frisiersalon Marco Inmann: gesund gestylt

Im ältesten Frisiersalon Österreichs hat auch der Schutz der Mitarbeiter:innen Tradition. Bei der Ausbildung der Lehrlinge im eigenen Schulungszentrum stehen neben Fachthemen auch Hautschutz und Ergonomie auf dem Programm.

Detailaufnahme zweier Hände, die einer blonden Frau die Haar schneiden
© Adobe Stock / ansyvan

Der Frisiersalon Marco Inmann e.U. in der Linzer Innenstadt ist ein Unternehmen mit Tradition. Im Jahr 1904 gegründet, befindet er sich nach wie vor in Familienbesitz, mit Marco und Barbara Inmann schon in vierter Generation. Auch die Lehrlinge gehören fast zur Familie und bleiben „ihrem“ Salon oft viele Jahre lang treu. So ist eine Mitarbeiterin, die mit 14 Jahren bei Inmann als Lehrling zu arbeiten begonnen hat, bis zu ihrer Pensionierung 2019 geblieben. Das „Geheimnis“ dahinter: Die Inhaber sorgen dafür, dass sich ihre Angestellten am Arbeitsplatz wohlfühlen. Sicherheit und Gesundheit spielen dabei eine zentrale Rolle.

Unterricht im Schulungszentrum

Damit die richtigen Maßnahmen zur Prävention und Gesundheitsförderung getroffen werden, lassen sich Marco und Barbara Inmann regelmäßig von der AUVA beraten. Auch als der Frisiersalon von 100 m2 auf 550 m2 erweitert und komplett umgebaut wurde, stand Karl-Heinz Neubacher, Sicherheitsfachkraft und AUVAsicher-Vertragspartner, mit Rat und Tat zur Seite. „Neubacher hat uns erklärt, worauf wir achten sollen. Nach eineinhalb Jahren Bauzeit ist der Salon im November 2016 wieder eröffnet worden – mit einem komplett barrierefreien Arbeitsbereich, ohne ‚Stolperfallen‘ wie freiliegende Kabel und mit einer schalldämpfenden Akustikdecke“, so Barbara Inmann.

In einer ehemaligen Filiale ganz in der Nähe wurde ein eigenes Schulungszentrum eingerichtet, das vor allem der Lehrlingsausbildung dient, aber ebenso Berufskollegen:-kolleginnen für Fortbildungen zur Verfügung steht. Spezialisten:Spezialistinnen aus der Branche halten hier Seminare ab, die für die Lehrlinge auch im Hinblick auf ihre Lehrabschlussprüfung interessant sind. Die reguläre Lehrlingsausbildung findet jeden Montag statt. Im Seminarraum werden die theoretischen Grundlagen vermittelt, im Praxisraum können die Lehrlinge das Gelernte gleich anwenden und werden auf die im Salon verwendeten Produkte eingeschult. Neben Fachthemen steht vor allem Hautschutz auf dem Programm; Ergonomie, Unfallprävention und Erste Hilfe kommen ebenfalls nicht zu kurz.

eine Jugendliche und eine Frau färben gemeinsam die Haare einer Kundin
Neben Unfallprävention und Erster Hilfe betonen die Inhaber Gesundheitsförderung: zur Pflege der Haut erhalten Lehrlinge wie Sejla Pajic (links im Bild, hier mit Verena Einfalt) ein Paket mit Baumwoll- handschuhen und Hautpflegeprodukten. © Inmann
eine Jugendliche und eine Frau färben gemeinsam die Haare einer Kundin
© Inmann

Prävention von Hauterkrankungen

„Hautschutz behandeln wir im ersten Lehrjahr besonders intensiv. Die Lehrlinge bekommen ein Paket mit Baumwollhandschuhen und Hautpflegeprodukten. Ist die Haut strapaziert, kann man die Hände am Abend eincremen, die Baumwollhandschuhe anziehen und die Creme über Nacht einwirken lassen“, nennt Barbara Inmann einen der Tipps, die sie ihren Lehrlingen – derzeit sind es vier – in der Ausbildung mitgibt. Neubacher bestätigt, dass der Fokus auf Prävention Wirkung zeigt: „Bei Inmann hat es noch nie einen Fall von Hautallergien oder Atemwegserkrankungen gegeben.“

Nicht nur bei den Schulungen, auch während der täglichen Arbeit im Frisiersalon achten Marco und Barbara Inmann darauf, dass die Lehrlinge alle Schutzvorschriften einhalten. Eine der wichtigsten Maßnahmen, um Hauterkrankungen zu verhindern, ist das Tragen der richtigen Handschuhe. „Beim Haarewaschen werden Nitrilhandschuhe mit langen Stulpen verwendet, damit kein Wasser hineinrinnt“, erklärt Barbara Inmann. Häufiger Kontakt mit Wasser, vor allem mit zu warmem Wasser, lässt die Haut aufquellen und zerstört die Schutzschicht. Die Haut rötet sich, schuppt, juckt und wird anfälliger für Erkrankungen. Allergien sind vor allem bei Friseurlehrlingen eine häufige Berufskrankheit, die sie in vielen Fällen zu einem Berufswechsel zwingt. Oft verursachen Haarfärbemittel, insbesondere dunkle Haarfarben, sowie Duft- und Konservierungsstoffe in Pflege- und Stylingprodukten allergische Reaktionen. Auch hier sind Handschuhe das Mittel der Wahl. Barbara Inmann sorgt dafür, dass immer ein ausreichender Vorrat an Einweghandschuhen vorhanden ist und diese tatsächlich nur einmal verwendet werden.

Schutz der Atemwege

Beim Verarbeiten von Haarfarben und Blondiermitteln kann es zu einer irritativen oder allergischen Reaktion der Atemwege bis hin zu allergischem Asthma kommen. Um eine Sensibilisierung zu verhindern, sollte das Einatmen der Dämpfe oder Stäube vermieden werden. Im Frisiersalon Marco Inmann mischen die Mitarbeiter:innen die Farben daher nicht händisch an, sondern verwenden einen elektrischen Farbcrememixer, der sich in einem eigenen Bereich am Mischplatz befindet.

Ergonomie und Gesundheitsförderung

Neben der Haut und den Atemwegen ist auch der Bewegungs- und Stützapparat im Friseurberuf Belastungen ausgesetzt. Die Lehrlinge im Frisiersalon Marco Inmann werden auf die richtige Haltung bei der Arbeit aufmerksam gemacht. Durch ergonomisch günstige Möbel lassen sich Zwangshaltungen vermeiden. „Die Sessel für Kunden:Kundinnen und Mitarbeiter:innen sind individuell einstellbar, auch die Höhe der Waschbecken kann man verstellen“, so Barbara Inmann. Die Föhns sind nicht nur leise, sondern auch leicht. Da die Geräte bei der Arbeit oft über Schulterhöhe gehalten werden, spielt das Gewicht eine wesentliche Rolle.

Für die Maßnahmen zur Prävention muskuloskelettaler Erkrankungen und zur Gesundheitsförderung erhielt der Frisiersalon Marco Inmann 2014 von der „Oberösterreichischen Plattform Betriebliche Gesundheitsförderung und Prävention“, der unter anderem die AUVA, die Arbeiterkammer und die Wirtschaftskammer Oberösterreich angehören, eine Urkunde, auf die Barbara Inmann besonders stolz ist. Zu den Maßnahmen der Betrieblichen Gesundheitsförderung, die Marco und Barbara Inmann gesetzt haben, zählt die Einrichtung eines Pausenraums mit Fitnessgeräten, welche die Mitarbeiter:innen benutzen können. Sie haben darüber hinaus die Möglichkeit, vom Unternehmen bezahlte Massagen in einem Massagefachinstitut in Anspruch zu nehmen.

Vermeidung von Unfällen

Die Vermeidung von Unfällen ist Barbara Inmann ein großes Anliegen. In ihrem Salon hat es noch nie einen Arbeitsunfall gegeben. Zur Vermeidung von Wegunfällen rät sie ihren Beschäftigten, öffentlich anzureisen. „Der Salon liegt mitten in der Innenstadt und ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar. Alle Mitarbeiter:innen fahren mit dem Bus, der Straßenbahn oder der Regionalbahn in die Arbeit oder gehen zu Fuß.“ Nach Betriebsfeiern werden die Lehrlinge mit dem Taxi nach Hause gebracht, wenn ihre Eltern sie nicht abholen.

Peer-Beratung und Mentoring

Manche Gefahren werden von Jüngeren auf die leichte Schulter genommen, Ratschläge Älterer reichen da oft nicht aus. Barbara Inmann bezieht daher auch ungefähr gleichaltrige Mitarbeiter:innen ein, wenn es darum geht, ein Risikobewusstsein zu vermitteln. Ein Beispiel ist das Sturzrisiko mit offenen Schuhen, die vor allem im Sommer beliebt sind. Lehrlinge im zweiten und dritten Lehrjahr erklären den Neuen, warum sie bei der Arbeit geschlossene Schuhe tragen müssen, und gehen selbst mit gutem Beispiel voran. Auch beim Verzicht auf Schmuck, mit dem man leicht hängenbleibt, baut Barbara Inmann auf die Vorbildwirkung der etwas älteren Lehrlinge.

Vieles können Lehrlinge jedoch am besten von erfahrenen Kollegen:Kolleginnen lernen, auch im Bereich der Arbeitssicherheit. Im Salon Marco Inmann gibt es ein Mentoring-System, bei dem für jeden neuen Lehrling ein:e erfahrener:erfahrene Stylist:in die Patenschaft für einen Monat übernimmt. Im darauffolgenden Monat ist ein:e anderer:andere erfahrener:erfahrene Kollege:Kollegin Mentor:in, dann wird wieder gewechselt. Dieses System hat sich laut Barbara Inmann gut bewährt, da Neue dadurch immer eine Ansprechperson haben. Sie selbst ist für Lehrlinge auch jederzeit erreichbar, wenn diese ein Anliegen haben.

Marco und Barbara Inmann in ihrem Frisiersalon
Der Frisiersalon Marco Inmann e.U. in Linz befindet sich seit seiner Gründung im Jahr 1904 im Familienbesitz, mit Marco und Barbara Inmann schon in vierter Generation. Auch die Lehrlinge gehören fast zur Familie und bleiben „ihrem“ Salon viele Jahre lang treu. © Inmann

Motivation

Für Barbara Inmann ist es besonders wichtig, dass schon die Lehrlinge Freude an der Arbeit haben: „Es steht und fällt alles mit der Motivation. Wir versuchen, unseren Lehrlingen tagtäglich aufs Neue zu vermitteln, wie schön der Friseurberuf ist.“ 

Eine Belohnung für Lehrlinge im dritten Lehrjahr, die gleichzeitig der beruflichen Qualifikation dient, ist ein dreiwöchiger Aufenthalt zur Fortbildung in Wien. Das Unternehmen finanziert Anreise, Hotel und die Teilnahme an einem Lehrlingsworkshop, bei dem die Inhalte aus drei Lehrjahren mit Professionisten komprimiert in drei Wochen wiederholt werden. Etwas Außergewöhnliches haben Marco und Barbara Inmann besonders engagierten Lehrlingen bis zum Beginn der Pandemie angeboten: die Möglichkeit, bei einem internationalen Society-Event dabei zu sein. Zum Auftakt des jährlich stattfindenden Grand-Prix-Wochenendes in Monte Carlo findet die „Amber Lounge Fashion Show“ statt, bei der die Top-Models von Marco Inmann und seinem Team gestylt wurden. Die Lehrlinge durften das Team begleiten und sich, wie Barbara Inmann sagt, „selbst als VIPs fühlen“. Ab nächstem Jahr soll der Frisiersalon Marco Inmann wieder bei der Formel-1-Veranstaltung vertreten sein.

Weniger spektakulär, aber in Bezug auf Arbeitssicherheit relevant ist eine andere geplante Aktivität: Gemeinsam mit dem Samariterbund sollen für alle Mitarbeiter:innen Erste-Hilfe-Workshops stattfinden, bei denen mehr Wissen und Kenntnisse vermittelt werden als im Rahmen der Lehrlingsausbildung. Weitergeführt wird auch der laufende Kontakt mit der AUVA. „Marco und Barbara Inmann sind immer bereit, auf Sicherheit zu achten, z. B. in der Lehrlingsausbildung. Oft sind Schutzmaßnahmen schon umgesetzt, ohne dass wir darauf aufmerksam machen müssen“, so Neubacher.

Interview

 

 

Sejla Pajic

Lehrberuf: Frisörin

Frisiersalon Marco Inmann

3. Lehrjahr

Welche Gesundheitsrisiken gibt es bei den Tätigkeiten, die Sie bisher ausgeübt haben?
Für mich ist es definitiv der Hautschutz an den Händen. Wir verwenden immer Handschuhe, natürlich aus Nitril mit längerer Stulpe, außer beim Haareschneiden, und achten auf das regelmäßige Eincremen und allgemein auf die Pflege der Hände. Wir haben gute Produkte, die wir in der Arbeit verwenden und auch für zu Hause mitbekommen.

Wie kann man sich vor diesen Gefahren schützen?
Sehr wichtig ist der richtige Umgang mit Färbemitteln, Handschuhe zu tragen und die Hände vor, während und nach der Arbeit zu pflegen.

Wie informieren Ihre Ausbildner:innen die Lehrlinge über Gefahren und Schutzmaßnahmen?
Am Montag ist unser Salon geschlossen, da haben wir unseren Schulungstag mit Workshops. Im Zuge dieser Schulungen werden wir regelmäßig darauf aufmerksam gemacht, wie wichtig z. B. Hautschutz oder die richtige Körperhaltung bei der Arbeit ist und welche Schuhe wir bei der Arbeit tragen sollen. Wir besprechen nicht immer, aber doch regelmäßig die allgemeinen Unterweisungen und Empfehlungen der AUVA.

Haben Sie schon einmal einen Arbeitsunfall oder einen Beinahe-Unfall erlebt bzw. gesehen?
Nein.

Wie können Sie selbst zur Sicherheit im Betrieb beitragen?
Indem ich mich an die Regeln und Empfehlungen halte: die richtigen Schuhe tragen, achtsam sein und die Hände schützen.

Zusammenfassung

Im Frisiersalon Marco Inmann wird auf Arbeitssicherheit und Gesundheitsförderung großer Wert gelegt. Schon die Lehrlinge lernen in einem eigenen Schulungszentrum, wie sie ihre Haut schützen, ergonomisch arbeiten, Unfälle vermeiden und in Notfällen Erste Hilfe leisten können. Erfahrenere Mitarbeiter:innen tragen dazu bei, dass die Lehrlinge ein Bewusstsein für die Risiken am Arbeitsplatz entwickeln.


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