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Psychische Gesundheit im Homeoffice ­erhalten und fördern

Symbolbild gestresster Mann
©goodluz - stock.adobe.com

Einen Großteil unseres Lebens verbringen wir mit Arbeit und am Arbeitsplatz. Das Thema „Gesundes Leben“ verbinden wir aber mit dem Leben „außerhalb“. Dass gesunde Ernährung, Bewegung, frische Luft etc. für unsere Gesunderhaltung wichtig sind, haben wir uns in den letzten Jahrzehnten immer mehr bewusst gemacht. Den Einzug in den Bereich Arbeit haben Gesundheitsthemen mit etwas Verspätung durch Gesundheitsförderungsprogramme, Prävention, gesetzliche Bestimmungen und mediale Aufmerksamkeit mehr oder weniger geschafft. Die mentale Gesundheit, die Vielfältigkeit von psychischen Fehlbelastungen und ihre Auswirkungen auf die Gesundheit sind noch immer zu wenig im Fokus. Wohlbefinden als Einklang zwischen Körper und Seele wird gefühlsmäßig immer noch vermehrt im Privatbereich verortet, in dem der Ausgleich, die Erholung, die Regeneration und das Verfolgen persönlicher Interessen gesucht wird. Gedanklich unterscheiden wir hier immer noch zwischen Arbeit und Leben! Mittlerweile liegt eine Reihe von Studien vor, die das Wohlbefinden der Menschen in Bezug auf ihre Arbeitsbedingungen thematisieren. In diesen wird deutlich, dass die Österreicherinnen und Österreicher ihren eigenen Gesundheitszustand als nicht sehr gut bewerten bzw. sogar ein Sinken des Gefühls des Wohlbefindens zu konstatieren ist. In diese Bewertung fließen vermehrt Aussagen über Stress im Job und Burn-out-Gefährdung ein, die als Ursache für das „Nicht-gesund-Fühlen“ ins Treffen geführt werden. Als psychisch besonders belastend werden immer wieder Mobbing, Leistungsdruck, Zeitdruck, ständige Erreichbarkeit und Verfügbarkeit, aber auch finanzieller Druck und Angst vor Jobverlust genannt. Auswirkungen dieser Belastungen sind häufig körperliche und seelische Gesundheitsprobleme [1]. Wohlbefinden für Geist und Körper ist somit zentral für unsere Gesundheit und nicht einfach nur „nice to have“. Das berufliche Leben hat demnach genauso wie das private großen Einfluss auf unseren Gesundheitszustand. Die Verantwortung für gesundheitsförderliche Arbeitsbedingungen liegt sowohl bei den Beschäftigten als auch bei den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern. Klar ist jedenfalls, dass der Gesundheitszustand des/der Einzelnen wesentlich von den Arbeitsbedingungen abhängt – Verhältnisprävention ist somit in der Gesundheitsförderung als prioritär zu betrachten.

Gesundheit am Arbeitsplatz

Auf das gesundheitliche Wohlbefinden am Arbeitsplatz wirken zahlreiche Faktoren, die unterschiedlich gut messbar sind. Doch auch festgelegte Grenzwerte wie beispielsweise bei Lärm oder Temperatur sind nicht für jeden Menschen gleich ideal. Lärm kann auch als extrem beeinträchtigend erlebt werden, obwohl der zulässige Dezibelwert nicht überschritten wird, weil die Art, die Dauer, die Frequenz, die Häufigkeit als individuell unterschiedlich belastend empfunden werden. Äußere Faktoren wirken im Zusammenspiel mit inneren Faktoren und haben potenziell körperliche und psychische Effekte.

Psychische Fehlbelastungen

Um psychische Fehlbelastungen zu vermeiden bzw. physische und psychische Erkrankungen zu verhindern, sind grundsätzlich Arbeitsabläufe, Arbeitsanforderungen, Arbeitsorganisation, Arbeitsumgebung und soziale Beziehungen zu beachten und zu optimieren.

Stress, Mobbing und Burn-out sind nicht allein mit der Verhinderung von krankmachenden Faktoren hintanzuhalten, hier muss aktiv in die Gesunderhaltung der Menschen im Arbeitsleben und in die Förderung des Wohlbefindens investiert werden. Die Definition von Gesundheit der WHO kann dabei als Leitgedanke gelten, als: „(…) Zustand des Wohlbefindens, in dem der Einzelne seine Fähigkeiten ausschöpfen, die normalen Lebensbelastungen bewältigen, produktiv und fruchtbar arbeiten kann und imstande ist, etwas zu seiner Gemeinschaft beizutragen.“ (WHO 2014) [2]. In der Prävention gilt es, arbeitenden Menschen ein Berufsleben ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Spätfolgen zu ermöglichen. Psychische Fehlbelastungen führen zu arbeitsbedingten Erkrankungen und Arbeitsausfällen. Die Betonung des hohen Stellenwerts von Gesundheitsförderung in allen Lebensbereichen wurde beispielsweise in der Ottawa-Charta schon im Jahr 1986 formuliert: „Die Art und Weise, wie eine Gesellschaft die Arbeit, die Arbeitsbedingungen und die Freizeit organisiert, sollte eine Quelle von Gesundheit und nicht der Krankheit sein. Gesundheitsförderung schafft sichere, befriedigende und anregende Arbeits- und Lebensbedingungen (Ottawa-Charta zur Gesundheitsförderung 1986).“ [3]

Für den Bereich der Erwerbsarbeit kann die Luxemburger Deklaration (1997) zur betrieblichen Gesundheitsförderung als maßgeblich angesehen werden:

„Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) umfasst alle gemeinsamen Maßnahmen von Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Gesellschaft zur Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz. Dies kann durch eine Verknüpfung folgender Ansätze erreicht werden:

  • Verbesserung der Arbeitsorganisation und der Arbeitsbedingungen
  • Förderung einer aktiven Mitarbeiterbeteiligung
  • Stärkung persönlicher Kompetenzen (Luxemburger Deklaration 1997).“ [4]

Allen Erklärungen ist eines gemeinsam: Das Wohlbefinden am Arbeitsplatz dient der Gesundheit der Menschen und ist Aufgabe der gesamten Gesellschaft, der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen und verschiedener gesellschaftlicher Kräfte.

Die Pandemie – eine besondere Zeit

Gesundheit am Arbeitsplatz in Zeiten der Pandemie legt den Fokus verstärkt auf bestimmte Belastungsphänomene. Krisen tragen in manchen Bereichen zur Verschlechterung der Arbeitssituation und somit zur Verschlechterung des Gesundheitszustands der arbeitenden Menschen bei. So sind beispielsweise ein Anstieg von Stress- und Belastungsreaktionen sowie eine Zunahme von Folgeerkrankungen feststellbar. Die dramatische Zunahme psychischer Erkrankungen ist nur EIN beobachtbares Phänomen. So nahm die Prävalenz von Depressions-, Angst- oder Schlaflosigkeitssymptomen in Österreich während des Lockdowns signifikant zu. Am meisten belastet sind momentan junge Erwachsene, Frauen, Singles und Menschen in der Arbeitslosigkeit [5]. Aus Untersuchungen von Wirtschaftskrisen und Umweltkatastrophen ist bekannt, dass vor allem nach Überwindung von Krisen, wenn wieder Normalität gelebt werden kann und Unterstützungen verringert werden, psychische Auswirkungen zeitverzögert ihren Höhepunkt haben. Mit Fortdauer der Pandemie verstärken sich sowohl Symptome bei Menschen, die schon zuvor psychisch instabil waren als auch bei jenen, die bislang als psychisch gesund galten.

Mit dem Anstieg der Arbeitslosigkeit, der generellen Jobunsicherheit und den hohen Anteilen an Kurzarbeit gehen ebenso gesundheitliche Auswirkungen und langfristige wirtschaftliche Folgen einher. Psychosoziale Folgen von Arbeitslosigkeit sind seit Langem bekannt – ihr Ausmaß als Folge dieser Pandemie ist noch nicht abzuschätzen [6] [7]. Finanzielle Sorgen und Arbeitslosigkeit nehmen zu, Mehrfachbelastung durch Home­office und Kinderbetreuung ist ein Dauerzustand, viele haben mit sozialer Isoliertheit und Einsamkeit zu kämpfen.

Die allgemein spürbare Ungewissheit, wie sich die wirtschaftliche und soziale Situation weiterentwickeln wird, kann zu Erschöpfungszuständen, depressiven Zuständen und zu Ängsten und Schlafstörungen führen. Daraus folgen oft maladaptive Verhaltensweisen, beispielsweise erhöhter Alkohol- und Drogenkonsum, Bewegungsmangel, ungesunde Ernährung – Phänomene, die in Stresssituationen häufig auftreten und negative Auswirkungen auf den Gesundheitszustand haben [8].

Aus einer COVID-19-Stichprobenstudie des Meinungsforschungsinstituts Sora geht hervor, dass sich die psychische Gesundheit während der Coronapandemie bei einem Viertel der Wiener Bevölkerung verschlechtert hat. Besonders starke Auswirkungen auf die psychische Gesundheit hatte die Pandemie auch bei all jenen, die von sozio-ökonomischer Ungleichheit betroffen waren. Das betrifft etwa Menschen, die armutsgefährdet sind oder große finanzielle Verluste erleiden.

Die Studie konnte zehn häufig auftretende Symptome eingrenzen. Demnach verspürten rund 40 Prozent aller Befragten Ängstlichkeit und Anspannung oder hatten nur wenig Freude an Tätigkeiten. Etwa jeder Dritte klagte über Erschöpfung, Niedergeschlagenheit oder Hoffnungslosigkeit. Jeder Vierte verspürte einen Kontrollverlust, Einsamkeit oder Orientierungslosigkeit [9].

Belastungsfaktoren für Körper und Seele vor, während und nach Corona

  • Zeit- und Termindruck
  • Beschleunigung, Arbeitsverdichtung, Multitasking
  • Wiederholung immer gleicher Arbeitsvorgänge in kurzen Zeitabständen
  • Informationsmangel oder -überflutung
  • Freundlichkeitsdruck, Umgang mit Leid und Krankheiten
  • knappe Personalbemessung
  • Verwischen der Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit
  • häufige Umstrukturierungen, Angst vor Arbeitsplatzverlust
  • fehlende Handlungsspielräume und mangelnde Beteiligungsmöglichkeiten
  • isoliertes Arbeiten ohne Möglichkeit zu sozialen Kontakten
  • Lärm, Hitze, Kälte, Zwangshaltungen, enge räumliche Verhältnisse [10]
  • Homeoffice – ein besonderer Arbeitsplatz

Homeoffice ist gegenwärtig nicht nur eine von vielen Arbeitsformen, sondern ein durch die Pandemiesituation weitgehend erzwungener „neuer“ Arbeitsplatz. Die Zahlen, die die Statistik Austria erhoben hat, sprechen eine deutliche Sprache: Über 700.000 Menschen arbeiteten im 3. Quartal 2020 zu Hause, davon etwa 300.000 wegen der Corona-Situation. Der Arbeitsplatz zu Hause wird demzufolge auch zu einem gesundheitsrelevanten Thema, das – auch mit den neu geschaffenen Regelungen – für Unternehmen einen zentralen Stellenwert bekommt [11] [12]. Somit sind alle oben genannten Belastungsfaktoren/Stressoren für jeden Arbeitsplatz zu beachten, auch für den zu Hause. Ein Heimarbeitsplatz hat allerdings auch spezielle Charakteristika und Anforderungen, die es besonders zu beachten gilt. Eine umfassende Einschätzung und alltagstaugliche Tipps haben wir in einem früheren Beitrag dargestellt [13]. In der Folge sollen hier vor allem neue Herausforderungen herausgegriffen werden, die Betriebe aus einem arbeits- und organisationspsychologischen Blickwinkel jetzt und in Zukunft fordern werden.

Digitale Transformation

Technische/technologische Weiterentwicklung gilt es unternehmensseitig einerseits in einem fundierten Prozess rasch anzugehen, andererseits ist das Phänomen „digitaler Stress“ [14] in Hinblick auf die Gesunderhaltung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ernst zu nehmen. Laut einer IFES-Studie vom Oktober 2020 fehlt im Homeoffice oft eine gute Ausstattung [15]. Es steht aktuell nur teilweise adäquates technisches Equipment zur Verfügung, und dieses wird auch nur teilweise von den Unternehmen zur Verfügung gestellt. Hier besteht dringender Handlungsbedarf seitens der Unternehmen, da sich in Hinblick auf die Ausstattung mit Arbeitsmitteln seit dem ersten Lockdown im Frühjahr die Situation nicht wesentlich verbessert hat. Immer noch werden unter anderem private Internetverbindung und Endgeräte, wie beispielsweise Drucker, verwendet. Durch mangelhafte technische Ausstattung, Nicht-Erreichbarkeit, schlechte Internetverbindungen etc. entstehen Stressbelastungen, die zusätzlich zu anderen Stressfaktoren wirken und leicht zu verringern wären. In diesem Zusammenhang muss auch von einer klaren Benachteiligung von Frauen im Homeoffice gesprochen werden, die eine signifikant schlechtere Ausstattung für ihre Arbeit haben als Männer – eine Belastung, die zu (weiblicher) Mehrbelastung durch Homeschooling, Pflege, Haushalt hinzukommt! In vielen Fällen kommt gerade bei Frauen der vielgeschmähte Küchentisch zum Einsatz. Die gesundheitlichen Auswirkungen von unzureichend ausgestatteten Homeoffice-Arbeitsplätzen zeigen sich in allen Altersgruppen, insbesondere aber bei jener der 50-64-Jährigen, u. a. in der Zunahme von Muskel-Skelett-Erkrankungen [16] [17]. Digitaler Stress resultiert also nach Meinung der Autorinnen aus inadäquater Ausstattung, ständiger Erreichbarkeit, der Überforderung durch gleichzeitiges Einwirken arbeitsbedingter und familiär bedingter Anforderungen, aber auch durch die im Homeoffice notwendige Selbstorganisation und den Effizienzdruck. Unternehmen können hier nicht nur durch die Bereitstellung von Arbeitsmitteln, sondern auch durch gute Arbeitszeitregelungen (Erreichbarkeiten, Kernzeiten etc.) zur Stressreduktion beitragen, sondern auch durch Werthaltungen gegenüber den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern (Wertschätzung der Person, des Arbeitsergebnisses, Vertrauen in die Mitarbeiterin bzw. den Mitarbeiter statt Kontrolle!). Digitale Transformation kann nur gelingen, wenn der arbeitende Mensch im Mittelpunkt steht [18].

Selbstorganisation und Kommunikation, ­Führung

Je länger die Homeoffice-Situation andauert, umso deutlicher werden Themen der Selbstorganisation, der Kommunikation, der Work-Life-Balance und der sozialen Isolation. Studien, die in den ersten Phasen des Lockdowns durchgeführt wurden, zeichnen oft Bilder von überwiegend positiven Gefühlen und Bewertungen gegenüber der Arbeit im Homeoffice. In späteren Phasen treten technische Probleme oft hinter körperliche und psychische gesundheitliche Probleme zurück, Wohlbefinden und Produktivität leiden [19] [20].

Die Verbreitung des Homeoffice eröffnet auch Möglichkeiten unter Beachtung der entsprechenden Rahmenbedingungen. Besonderes Augenmerk ist dabei neben der Ausstattung der Heimarbeitsplätze auf Unterstützung für die Selbstorganisation der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, deren Zeitmanagement, Prioritätensetzung sowie Gestaltung der Schnittstelle Arbeit/Familie zu legen. Beratung durch erfahrene Arbeitspsychologinnen und Arbeitspsychologen, Weiterbildung und Coaching sind hier zu empfehlen. Verschwimmende Grenzen zwischen Arbeit und Familie/Freizeit im häuslichen Bereich erfordern klare Regeln [13]. Mit professioneller Unterstützung können Belastungen bewusst gemacht und Copingstrategien entwickelt werden. Gleiches gilt für die „Neugestaltung der Kommunikation“ in alle Richtungen. Die räumlich-zeitliche Distanz erfordert andere Kommunikationsstrategien und andere Führungsqualitäten, um dem Unternehmen und den arbeitenden Menschen auf längere Sicht Gesundheit, Produktivität und Erfolg zu garantieren. Der Mensch als soziales Wesen vermisst über längere Zeit den Kontakt zu Kolleginnen/Kollegen, den Austausch, die Zusammenarbeit und den „Tratsch“. Dieser Mangel wird erst nach einiger Zeit empfunden, das erklärt auch das anfängliche Wohlbefinden im Homeoffice und den Wandel danach. Teamarbeit und soziale Interaktion wirken direkt auf Motivation, Arbeitszufriedenheit und Produktivität. Soziale Isolation führt zu Ohnmacht, Frustration, dem Erleben von Einsamkeit und zum Anstieg von psychischen Erkrankungen (siehe oben: „Belastungsfaktoren für Körper und Seele vor, während und nach Corona“). Ein Gesamtkonzept unter den neuen virtuellen Bedingungen ist Struktur und verlässlicher Rahmen für gelingende Kommunikation der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen untereinander, aber auch Gelingensfaktor für die Führung von Teams und Abteilungen. Dazu gehören auch: Kommunikation in Form von virtuellen Teams, fix eingerichtete Chatgruppen für den Kaffeetratsch, klare Regeln für die Feedbackkultur bzw. Konzepte für die Remote-Führung, Aufbau einer Informationskultur, um niemanden zurückzulassen u. v. m.

Mehrarbeit und Krankenstände

Wie schon frühere Studien zu „Telearbeit“ [13] und aktuelle zu „Homeoffice“ [19] [20] nahelegen, wird die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten, von vielen als Privileg empfunden, was auch dazu führt, dass sie danach trachten, diesem „Luxus“ auch gerecht zu werden. Menschen im Homeoffice arbeiten demzufolge tendenziell mehr und länger und auch an Wochenenden und in der Nacht. Das Verschwimmen der Grenzen zwischen Privat- und Erwerbsleben unterstützt dieses Verhalten, es bleibt längere Zeit unbemerkt und wird oft erst dann offensichtlich, wenn gesundheitliche Beschwerden entstehen. Im Homeoffice sind Menschen auch zu Zeiten erreichbar, an denen sie normalerweise nicht arbeiten, das Nicht-Abschalten-Können wird durch die technologischen Möglichkeiten gefördert und verlangt nach bewussten Gegenstrategien und Regeln. Eine deutliche Sprache sprechen auch die jüngsten Krankenstandszahlen, die ähnliche Schlüsse zulassen wie die (unbezahlte) Mehrarbeit. Die Zahl der Menschen, die trotz Krankheit arbeiten, hat in der Zeit der Corona-Pandemie und dem damit verbunden Homeoffice deutlich zugenommen. Neben der Arbeit im Homeoffice ist dafür natürlich auch die Wirtschaftskrise samt drohendem Jobverlust mit ausschlaggebend. Laut aktuellem Fehlzeitenreport lag die Zahl der Krankenstände – je nach Monat – in etwa ein Fünftel bis ein Viertel unter den Vergleichswerten des Vorjahres [21]. Klare Vereinbarungen über Arbeitszeiten, Erreichbarkeiten und auch gesetzliche Vorgaben sind essenziell, um den Gesundheitszustand der Bevölkerung zu erhalten.

Resümee

Betriebliche Gesundheitsförderung, Gesundheitsmanagement und Prävention müssen als Unternehmensstrategie und Unternehmenskultur verstanden werden, um erfolgreich in die Zukunft zu investieren und Beschäftigung und Produktivität zu erhalten. Gerade in der aktuell schwierigen Phase ist es wichtig, aufmerksam auf Belastungen und Stress für Führungskräfte sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu achten. Die Motivation ist groß, die Verantwortung auch, hier gilt es präventiv zu agieren und möglichen Gesundheitsgefahren rechtzeitig entgegenzuwirken. Hohe Arbeitsbelastung und überlange Arbeitszeiten lassen das Gleichgewicht zwischen Körper und Seele leicht ins Schwanken geraten, es ist daher umso wichtiger, das Wohlbefinden am Arbeitsplatz zu verbessern, gesundheitlichen Problemen vorzubeugen und die Weiterentwicklung der arbeitenden Menschen zu fördern. Psychologinnen und Psychologen mit ihren unterschiedlichen Schwerpunkten können als Expertinnen und Experten für die Evaluierung psychischer Belastungen (lt. AschG), aber vor allem auch für die Entwicklung und Durchführung erfolgreicher Maßnahmen sowie Beratung und Begleitung von Gesundheitsförderungsprojekten herangezogen werden. Die Zukunft wird einen Anstieg an flexiblen Beschäftigungsformen, unter anderem Homeoffice, bringen. Schon jetzt wünschen sich 79 % der Beschäftigten flexiblere Arbeitszeiten (aktuelle Gallup-Umfrage) [22]. Die Mehrheit spricht sich dabei für Hybrid-Modelle von Homeoffice und bisherigem Arbeitsort aus. Solche Modelle müssen in Betriebsvereinbarungen und mit klaren Regelungen entwickelt werden.

Literatur

  • [1] vgl. u.a. https://www.market.at/markttest/details/175-gesundheitsstudie-2018/Details.html, Zugriff am 9.2.2021
  • [2] WHO (2014). Mental health: strengthening our response. Fact sheet N°220. World Health Organization. Updated August 2014
  • [3] https://apps.who.int/iris/bitstream/handle/10665/59557/Ottawa_Charter_G.pdf, Zugriff am 9.2.2021
  • [4] https://www.netzwerk-bgf.at/cdscontent/load?contentid=10008.571220&version=1391192956, Zugriff am 9.2.2021
  • [5] Probst, T. et al. (2020). Depression in and after COVID-19 lockdown in Austria and the role of stress and loneliness in lockdown: A longitudinal study. Journal of Affective Disorders, 277: 962–963, Elsevier.
  • [6] vgl. Jahoda, M. et al. (1933). Die Arbeitslosen von Marienthal. Ein soziographischer Versuch über die Wirkungen langandauernder Arbeitslosigkeit. Leipzig.
  • [7] Fink, M. et al. (2018). Arbeitslosigkeit – Die sozialen Folgen für Betroffene und Angehörige. IHS Research Report. Wien. IRIHS. Institutional Repository at IHS Vienna, Zugriff am 9.2.2021
  • [8] Birbaumer, A. et al. (in Druck). Kranke Arbeitszeiten – kranke ArbeitnehmerInnen? Physische und psychische Gesundheitsrisiken langer Arbeitszeiten und Entwicklungsbedarf des österreichischen ArbeitnehmerInnenschutzes (ASchG).
  • [9] SORA Institut: COVID-19-Stichprobenstudie, Zugriff am 9.2.2021
  • [10] https://www.arbeitsinspektion.gv.at/Gesundheit_im_Betrieb/psychische_Belastungen/ Arbeitsplatzevaluierung_psychischer_Belastungen.html
  • [11] Homeoffice – Wie sehen die künftigen Regelungen aus – WKO.at, Zugriff am 9.2.2021
  • [12] https://www.arbeiterkammer.at/beratung/arbeitundrecht/corona/FAQ-_Meine_Rechte_im_Homeoffice.html, Zugriff am 9.2.2021
  • [13] http://www.sicherearbeit.at/cms/X04/X04_1.11.4.a/1342634416411/archiv/html-archiv-2020/sichere-arbeit-4-2020/homeoffice-allen-geht-s-gut, Zugriff am 9.2.2021
  • [14] Riedl, R. (2020). Digitaler Stress. Wie er uns kaputt macht und was wir dagegen tun können. Wien.
  • [15] Homeoffice: Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen. IFES: Sozial- und Meinungsforschung, Wien, Zugriff am 9.2.2021
  • [16] Leoni, Th. & Böheim, R. (2018). Fehlzeitenreport 2018. Krankheits- und unfallbedingte Fehlzeiten in Österreich – Präsentismus und Absentismus. WIFO – Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung. Wien.
  • [17] Statistik Austria (2014). (Hrsg). Jahrbuch der Gesundheitsstatistik 2013. Verlag Österreich GmbH. Wien.
  • [18] http://www.sicherearbeit.at/cms/X04/X04_0.a/1342637048016/home/digitale-transformation-gesundheit-und-lernen-am-arbeitsplatz-ade-1, Zugriff am 9.2.2021
  • [19] vgl. Studien von Korunka et al. Arbeits- und Organisationspsychologie (univie.ac.at), Zugriff am 9.2.2021
  • [20] vgl. Studien Kubicek et al. Telework-Erfahrungen während der COVID-19 Pandemie - Arbeits- und Organisationspsychologie (uni-graz.at), Zugriff am 9.2.2021
  • [21] Leoni, Th. (2020). Fehlzeitenreport. Krankheits- und unfallbedingte Fehlzeiten in Österreich Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung Im Auftrag von Bundesarbeitskammer, Wirtschaftskammer Österreich, Dachverband der Sozialversicherungsträger. Wien
  • [22] Studien | gallup.at

Zusammenfassung

Die Autorinnen betonen den Wert der psychischen Gesundheit auch in den schwierigen Zeiten der Corona-Pandemie mit Homeoffice und Homeschooling und zeigen auf, wie Unternehmen diesem Aspekt in Präventionsstrategien Beachtung schenken können.


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