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Hitzeschutz - Arbeit in Innenräumen

TOP-Maßnahmen gegen Hitze

Die Klimaerwärmung sorgt jedes Jahr für neue Hitzerekorde, eine Trendumkehr ist nicht abzusehen. Auch an Arbeitsplätzen in Innenräumen steigt die Temperatur, was die Gesundheit und das Wohlbefinden der Beschäftigten beeinträchtigt. Die Unfallhäufigkeit nimmt zu, die Leistungsfähigkeit sinkt. Durch Maßnahmen nach dem TOP-Prinzip lassen sich die negativen Auswirkungen der Hitze reduzieren.

Das Jahr 2024 war in Österreich laut Geosphere Austria das wärmste Jahr der Messgeschichte. Eine neue Höchstzahl an Tagen mit mindestens 30 Grad Celsius verzeichneten die Wetterstationen Wien Innere Stadt mit 52 Hitzetagen, Eisenstadt mit 48 und St. Pölten mit 42 Hitzetagen. In den 1980er-Jahren lag die Anzahl der Hitzetage in Wien pro Jahr noch bei durchschnittlich neun, in den 1990ern bereits bei 15. Ältere Werkshallen und Bürohäuser sind nicht für die derzeitigen – und schon gar nicht für die erwarteten – hohen Temperaturen ausgelegt. Maßnahmen, um Arbeitsstätten klimafit zu machen, stellen eine lohnende Investition in die Zukunft dar.

Gesetzliche Vorschriften
„In Österreich existiert kein gesetzlich festgelegter Grenzwert für die zulässige Temperatur am Arbeitsplatz“, erklärt Sicherheitsfachkraft Ing. Harald Bruckner von der Abteilung Sicherheit, Gesundheit und Arbeit der Arbeiterkammer Wien. Nach dem Nachtschwerarbeitsgesetz (NSchG) sind für Hitzearbeitsplätze konkrete Schutzmaßnahmen vorgeschrieben. Allerdings fallen Arbeitsplätze, an denen nur saisonal hohe Temperaturen auftreten, die nicht durch die Arbeitssituation selbst entstehen, nicht unter die Definition von Hitzearbeitsplätzen.
Laut dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (§ 66 ASchG) müssen Arbeitgeber:innen geeignete Maßnahmen treffen, damit die Arbeitnehmer:innen keinen erheblichen Beeinträchtigungen – unter anderem durch Hitze – ausgesetzt sind, oder diese Einwirkungen möglichst gering halten. Konkrete Maßnahmen schreibt das Gesetz nicht vor.
Die Arbeitsstättenverordnung (AStV) regelt in § 28 Raumklima in Arbeitsräumen die Lufttemperatur in Arbeitsräumen. Diese muss, je nach körperlicher Belastung, zwischen zwölf und 25 Grad liegen. In der warmen Jahreszeit sollte bei Vorhandensein einer Klima- oder Lüftungsanlage die Lufttemperatur von 25 Grad nicht überschritten werden. Ist das nicht möglich, sind andere technische oder organisatorische Maßnahmen zu setzen.

Arbeitsplatzevaluierung
Ob die Hitze eine Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer:innen darstellt, muss im Zuge der Arbeitsplatzevaluierung (§ 4 ASchG) ermittelt werden. Für die Beurteilung einer Belastung durch Hitze reicht die Betrachtung der Umgebungstemperatur jedoch nicht aus. Einbezogen werden sollten die Lufttemperatur, die Wärmeeinstrahlung, die relative Luftfeuchtigkeit, die Luftgeschwindigkeit, die körperliche Belastung durch die Arbeitstätigkeit, die Bekleidung und die persönliche Schutzausrüstung (PSA). Die Dauer der Tätigkeit an einem hitzeexponierten Arbeitsplatz spielt eine wesentliche Rolle.
Als internationaler Standard zur Bewertung der Wärmebelastung im Innen- und Außenbereich hat sich der WBGT-Index etabliert, wobei WBGT für „Wet Bulb Globe Temperature“ (Feuchtkugeltemperatur) steht. Sollen die Schwere der Arbeit und die Bekleidung berücksichtigt werden, so kann nach ÖNORM EN ISO 7243 „Ergonomie der thermischen Umgebung – Ermittlung der Wärmebelastung durch den WBGT-Index“ der effektive WBGT gebildet werden.

Gesundheitliche Auswirkungen
Faktoren wie Vorerkrankungen oder Alter beeinflussen, wie gut die Thermoregulierung des Körpers funktioniert. Diese dient dazu, eine möglichst stabile Körperkerntemperatur von etwa 37 °C aufrechtzuerhalten. Bei Hitze gibt der Körper Wärme über die Haut an die Umgebung ab, man schwitzt und durch die Verdunstung des Schweißes kühlt die Haut ab. Dieser Mechanismus wird durch hohe Luftfeuchtigkeit und enge, luftundurchlässige Kleidung behindert.
Mit dem Schweiß scheidet der Körper Wasser und Salze aus. In der Folge kann es bei anhaltender Hitze zu einer sogenannten Hitzeerschöpfung kommen, die sich durch Symptome wie Müdigkeit, Benommenheit, Kopfschmerzen, Muskelkrämpfe, Übelkeit, Erbrechen und Herz-Kreislauf-Probleme äußert. Ein Hitzekollaps, ausgelöst durch einen Kreislaufkollaps, ist eine Teilreaktion der Hitzeerschöpfung. Er wird durch eine vermehrte Durchblutung der Haut zur Wärmeabgabe und eine damit verbundene kritische Blutdrucksenkung verursacht. Dadurch vermindert sich die Durchblutung des Gehirns, was zu einer kurzen Bewusstlosigkeit und zum Kollaps führen kann.
Bei einem Hitzschlag versagt die körperliche Kühlfunktion und die Schweißproduktion versiegt. Die Körpertemperatur steigt auf 40 Grad oder höher. Ein Hitzschlag ist ein akuter Notfall, der lebensbedrohlich werden kann. Neben diesen akuten Reaktionen des Körpers auf große Hitze und Flüssigkeitsverlust besteht längerfristig die Gefahr, eine chronische Erkrankung zu entwickeln. Davon betroffen sein können das Herz-Kreislauf- und das Atmungssystem, Leber und Nieren.
Die körperliche Belastung durch Hitze am Arbeitsplatz setzt die physische, aber auch die psychische Leistungsfähigkeit herab. Die Konzentrationsfähigkeit und die Aufmerksamkeit nehmen ab, was eine gesteigerte Fehlerhäufigkeit bewirkt und das Risiko für Unfälle erhöht.

Hitzeschutzmaßnahmen
„Der:Die Arbeitgeber:in muss Rahmenbedingungen schaffen, welche die Hitzebelastung für die Arbeitnehmer:innen reduzieren. Dabei sollte versucht werden, eine angenehme Temperatur mit ökologisch verträglichen Maßnahmen herzustellen – also durch eine entsprechende Gestaltung des Gebäudes statt nur durch Klimatisierung“, betont Bruckner. Es gilt das TOP-Prinzip: technische vor organisatorischen und, sollten diese nicht ausreichen, personenbezogenen Maßnahmen. Am effektivsten wird dies durch die Erstellung eines Hitzeschutzplans umgesetzt.

Technische Maßnahmen
Unter den technischen Maßnahmen sind an erster Stelle bauliche Veränderungen durch die Verwendung hitzereduzierender Materialien zu nennen. Blechdächer und Betonwände heizen sich auf und strahlen die Hitze nach innen ab, große Glasflächen verursachen einen Treibhauseffekt. Eine nachträgliche Dämmung sorgt nicht nur im Sommer für eine niedrigere Innenraumtemperatur, sondern verringert auch die Wärmeverluste im Winter. Das Gleiche gilt für Fenster mit Thermoverglasung.
Schutz vor übermäßiger Sonneneinstrahlung bieten Rollläden sowie außenliegende bzw. in Verbundfenster integrierte Jalousien. Sonnenschutzfolie kann direkt auf die Fensterscheiben aufgebracht werden. Zur Beschattung dienen Vordächer, z. B. im Eingangsbereich eines Gebäudes, und Markisen. Fassadenbegrünung hat ebenfalls einen kühlenden Effekt.
Maschinen und Geräte können Wärme abstrahlen und so die Hitzebelastung erhöhen. Im Fall einer Neuanschaffung empfiehlt es sich daher, auf Energieeffizienz und gute Wärmeisolierung zu achten. Klimaanlagen sollten so eingestellt werden, dass die Differenz zwischen Außenluft- und Raumlufttemperatur nicht zu groß ist. Sorgt man mit mobilen Klimageräten oder Ventilatoren für Abkühlung, muss eine gesundheitliche Beeinträchtigung durch Zugluft vermieden werden.

Organisatorische Maßnahmen
„Die in der Nacht abgekühlte Luft in den Innenräumen sollte so lange wie möglich drinnen gehalten werden“, betont Bruckner. Es ist ratsam, nachts zu lüften – oder, falls die Fenster aus Sicherheitsgründen nur tagsüber geöffnet werden dürfen, in den Morgenstunden. Sonnenschutzvorrichtungen wie Rollos oder Jalousien muss man rechtzeitig schließen, bevor direkte Sonneneinstrahlung den Raum aufheizt. Werden elektrische Geräte nur bei Bedarf in Betrieb genommen, reduziert das die Wärmebelastung.
Wenn möglich, sind körperlich schwere Arbeiten in die Tagesrandzeiten zu verlegen und Gleitzeit einzuführen. Bei großer Hitze am Arbeitsplatz brauchen die Beschäftigten zusätzliche Pausen. Die Pausenregelung sollte Entwärmungspausen vorsehen, die man z. B. in einem gekühlten Sozialraum verbringen kann. Mit kurzen Trinkpausen zwischendurch und der Bereitstellung von Getränken lässt sich Dehydrierung vermeiden.
Selbst wenn ein Unternehmen Hitzeschutzmaßnahmen getroffen hat, lässt es sich nicht ausschließen, dass es bei großer Hitze z. B. zu Hitzeerschöpfung oder einem Hitzekollaps kommt. Das Vorgehen im Ernstfall sollte in Erste-Hilfe-Schulungen vermittelt oder in einem Notfallplan festgehalten werden.

Personenbezogene Maßnahmen
Die organisatorischen Maßnahmen greifen nur dann, wenn den Beschäftigten die Gefahren durch Hitze bewusst sind und sie darüber informiert werden, wie sie sich selbst schützen können. Dazu zählen ausreichendes Trinken, die Einhaltung von Pausen, aber ebenso das Erkennen von Symptomen hitzebedingter gesundheitlicher Auswirkungen und die Kenntnis grundlegender Erste-Hilfe-Maßnahmen.
Auf persönliche Schutzausrüstung darf man natürlich selbst bei größter Hitze nicht verzichten. Geht es jedoch um das äußere Erscheinungsbild, ist zu überlegen, ob strenge Kleidungsvorschriften gelockert werden können. Eine umfangreiche Information zum Thema Hitzeschutz bietet das AUVA-Merkblatt M.plus 012 „Sommerliche Hitze – Präventionsmaßnahmen“. ●

Zusammenfassung

Durch die Klimaerwärmung nimmt auch die Hitze an Arbeitsplätzen in Innenräumen zu. Ob eine Gesundheitsgefährdung besteht, muss im Zuge der Arbeitsplatzevaluierung ermittelt werden. Beim Setzen von Hitzeschutzmaßnahmen ist nach dem TOP-Prinzip – technische vor organisatorischen und personenbezogenen Maßnahmen – vorzugehen. ●


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