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© Adobe Stock / Rostislav Sedlacek

Serie

Berufskrankheit durch Vibrationen am Arbeitsplatz

Vibrationen am Arbeitsplatz sind mecha­nische Schwingungen, die beim Einsatz von handgeführten Maschinen oder Fahrzeugen auf den Körper übertragen werden. Diese Vibrationen können zu erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen, die zum Teil als Berufskrankheit klassifiziert sind. Präventive Maßnahmen im Betrieb sind erforderlich.

Bei Vibrationen am Arbeitsplatz unterscheidet man zwischen Hand-Arm-Vibrationen und Ganzkörper-Vibrationen. Diese Schwingungen bergen gesundheitliche Risiken, insbesondere wenn sie über einen längeren Zeitraum auftreten. 

Hand-Arm-Vibrationen
Von Hand-Arm-Vibrationen spricht man, wenn durch den Einsatz von handgeführten Werkzeugen wie z. B. Schlaghämmern, Bohrmaschinen oder Schleifgeräten Vibrationen des Werkzeuges auf die Hände, Arme oder die Schultern übertragen werden. Welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen ausgelöst werden können, hängt von der Frequenz der übertragenen Schwingung ab.
Liegt die Schwingungsfrequenz, die auf die Hände übertragen wird, in einem Bereich zwischen ca. 20 und 1.000 Hz[1], so kann nach lang andauernder Belastung das vibrationsbedingte vasospastische Syndrom (VVS) ausgelöst werden. Dabei handelt es sich um eine anfallsartige Durchblutungs- und Sensibilitätsstörung der Finger, auch Weißfingerkrankheit genannt. Die Weißfingerkrankheit kann auch ohne äußeren Einfluss von Vibrationen auftreten – also ohne beruflichen Kontext – und muss deshalb vom VVS abgegrenzt werden. 
Liegt die Schwingungsfrequenz bei handgeführten Werkzeugen in einem Bereich von ca. 8–50 Hz[1], so können degenerative Veränderungen besonders in den Hand- Arm- und seltener in den Schultergelenken auftreten. Im Bereich des Handgelenks wird das Os Scaphoideum und das Os Lunatum (z. B. Lunatummalazie) als besonders gefährdet beschrieben. Ob die betroffene Person erkrankt, hängt neben der beschriebenen Exposition auch von der individuellen Disposition ab. Insgesamt erkranken wenige der exponierten Personen. Bei Verwendung von handgeführten Maschinen, die einen hohen und tiefen Schwingungsanteil aufweisen oder bei denen sich die Schwingung im Bereich von 20–50 Hz[1] bewegt, können beide Gesundheitsstörungen auftreten: VVS und degenerative Veränderungen im Hand-Arm-Schulter Bereich.
In Österreich sind diese Erkrankungen als Berufskrankheit BK 5.2.1 (alte BK-Nummer: 20) anerkannt: „Vibrationsbedingte Durchblutungsstörungen an den Händen sowie andere Erkrankungen durch Erschütterung bei der Arbeit mit Pressluftwerkzeugen und gleichartig wirkenden Werkzeugen und Maschinen (wie z. B. Motorsägen) sowie durch Arbeit an Anklopfmaschinen“. (Anklopfmaschinen werden in der Schuhherstellung verwendet und kommen in Österreich nur mehr wenig zum Einsatz.)
Im Zeitraum 2020–2024 wurden 64 BK-Fälle anerkannt. Die BK 5.2.1 macht am gesamten Berufskrankheitengeschehen in diesem Zeitraum 0,31 % aus. Von den gemeldeten Verdachtsfällen werden ca. 40 % anerkannt. 

Gesundheitsüberwachung und Vorsorge
Personen, die beruflich Hand-Arm-Vibrationen ausgesetzt sind, die den sogenannten Auslösewert überschreiten, muss die Untersuchung Hand-Arm-Vibrationen nach der Verordnung über die Gesundheitsüberwachung am Arbeitsplatz (VGÜ) angeboten werden. Diese Untersuchung umfasst unter anderem einen Kaltwasser-Provokationstest. Der Auslösewert wird in der Verordnung Lärm und Vibrationen (VOLV) festgelegt und liegt für Hand-Arm-Vibrationen bei 2,5 m/s2. Gewissenhaft durchgeführt, kann die Vorsorgeuntersuchung zur Prävention beitragen.

Ganzkörper-Vibrationen
Ganzkörper-Vibrationen treten vor allem bei der Nutzung von Fahrzeugen wie z. B. Gabelstaplern, Traktoren oder Baumaschinen auf. Diese Vibrationen betreffen und belasten insbesondere die Wirbelsäule. Langfristige Exposition kann zu degenerativen Erkrankungen vor allem der Lendenwirbelsäule und damit zu chronischen Schmerzen führen. 
Wird der Auslösewert für Ganzkörper-Vibrationen von 0,5 m/s2 gemäß der Verordnung Lärm und Vibrationen (VOLV) überschritten, muss eine Untersuchung nach der VGÜ angeboten werden.
Eine eigene Berufskrankheit ist nicht vorgesehen. ●

Präventionsmaßnahmen
Einsatz von vibrationsarmen Werkzeugen, regelmäßige Wartung und Instandhaltung der Geräte
regelmäßige Pausen, Begrenzung der Expositionsdauer 
Vermeidung großer Greif-, Andruck- und Haltekräfte
Vermeidung von kalten oder kalt-feuchten Umgebungsbedingungen oder Verwendung von beheizten Griffsystemen
Verwendung von vibrationsdämpfenden Handschuhen 
Aufklärung der Beschäftigten über Risiken und Präventionsmaßnahmen

Verwendung von vibrationsdämpfenden Sitzen
regelmäßige Pausen und Begrenzung der Expositionsdauer
regelmäßige Maschinenwartung
Ausgleich von Bodenunebenheiten auf Fahrwegen 
Reduzierung der Fahrgeschwindigkeit, Vermeidung von plötzlichem Bremsen und Beschleunigen
Schulung der Fahrer:innen über Risiken und Maßnahmen zur Prävention


[1]    Arbeitsmedizin, Handbuch für Theorie und Praxis, G. Triebig, M. Kentner, R. Schiele, 4. Auflage
Weiterführende Literatur:
Evaluierung Lärm- und Vibrationsbelastungen (VOLV): 
https://auva.at/praevention/sicher-arbeiten/evaluierung/
laerm-und-vibrationsbelastungen-volv/
E 10 Vibrationen: 
https://auva.at/praevention/medien-und-publikationen/
publikationen-us/e-10-vibrationen/
Vibrationen – Arbeitsinspektion: 
https://www.arbeitsinspektion.gv.at/Arbeitsstaetten-_Arbeitsplaetze/Arbeitsstaetten-_Arbeitsplaetze/Vibrationen.html

Zusammenfassung:
Vibrationen am Arbeitsplatz können zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. Man unterscheidet zwischen Hand-Arm-Vibrationen und Ganzkörper-Vibrationen. Neben präventiven Maßnahmen müssen arbeitsmedizinische Untersuchungen bei Überschreiten der Auslösewerte angeboten werden. ●


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