Digitalisierung
Wie intelligente Helme den Arbeitsschutz umkrempeln
In einer digital vernetzten Welt erlebt das Thema Arbeitssicherheit einen tiefgreifenden Wandel. Das Aufkommen „intelligenter“ persönlicher Schutzausrüstung (PSA), zum Beispiel in Form von Helmen, die mit intelligenter Sicherheitstechnologie ausgestattet sind, markiert einen Wechsel von reaktiven Sicherheitsmodellen zu proaktiven, vernetzten Lösungen.
Moderne Technologien im Einsatz für den Arbeitnehmer:innenschutz nutzen Echtzeitkommunikation, Sensordaten und Cloud-Integration, um Sicherheitsexperten:-expertinnen dabei zu helfen, Gefahren früher zu erkennen. Dieser Wandel hat das Potenzial, die Häufigkeit und Schwere von Arbeitsunfällen deutlich zu verringern und gleichzeitig eine Kultur der datengestützten Sicherheit zu schaffen.
Kombination aus physischem und digitalem Schutz
Herkömmliche Schutzausrüstungen haben schon immer eine entscheidende Rolle beim Schutz der Arbeitnehmer:innen vor Gefahren gespielt. Jetzt entwickeln sich diese Hilfsmittel weiter. Physischer Schutz wird durch technische und digitale Möglichkeiten verbessert und bietet so zusätzliche Schutzebenen.
Die Vielfalt „smarter“ persönlicher Schutzausrüstung nimmt zu. Dazu zählen etwa intelligente Helme, die mit Sensoren ausgestattet sind, die Stöße, Lageveränderungen oder Ermüdung erkennen können, oder Helme mit integrierter Kommunikationstechnologie. Smart Gloves wiederum erfassen die Temperatur von Objekten, während bei intelligenten Schutzbrillen die integrierte Elektronik Alarm schlägt, wenn sie nicht getragen werden – so sollen Augenverletzungen reduziert werden.
Wenn man über „intelligente“ Schutzausrüstung spricht, kommt man an dem Begriff der Wearables kaum vorbei. Es handelt sich dabei um am Körper getragene oder in Kleidung integrierte elektronische Geräte, die Daten erfassen, verarbeiten und übertragen und dahingehend auch Schutzcharakter haben können, aber im Gegensatz zur smarten PSA nicht unbedingt haben müssen.
Bekannteste Beispiele sind Smartwatches oder Fitnesstracker, die Auskunft über Körperfunktionen wie Herzfrequenz, Schlaf oder Kalorienverbrach geben und es den Benutzenden somit erleichtern, Gesundheitsparameter im Blick zu behalten. Auch Beschleunigungs- oder Lagesensoren fallen in diese Kategorie und bieten Schutzcharakter, indem sie, etwa am Helm integriert, sofort Alarm schlagen, wenn es zu Richtungsänderungen, sprich zu Sturz oder Absturz kommt. In der Arbeitswelt sind bereits vereinzelt Airbag-Systeme im Einsatz, die als Weste getragen werden. Erkennen die eingebauten Sensoren für Bewegung, Beschleunigung und Lage der Person einen Sturz, lösen sich diese automatisch aus und öffnen den Airbag zum Schutz des:der Betroffenen.
Der intelligente Helm:
Ein vernetztes Sicherheitssystem
Smarte Schutzhelme verfügen über diverse integrierte Technologien, wie kompakte und leistungsstarke Sensoren, die robust, kompakt und leistungsstark Bewegungen und Aufprallkräfte in drei Dimensionen messen können.
Die Hochleistungs-Helmschalen des schwedischen Helm-Herstellers Guardio sind auf besonders hohe Robustheit, Haltbarkeit und Komfort ausgelegt und bilden den Kern eines intelligenteren, sichereren Helms. Als weltweit erster Industrieschutzhelm kombiniert er physischen Schutz mit digitaler Intelligenz durch eine direkt integrierte Sensortechnologie.
Dieses intelligente System ist über Bluetooth mit dem Smartphone der Arbeitskraft verbunden und bildet ein Warnnetzwerk, das automatisch Notfallkontakte und Notdienste benachrichtigt, sobald ein Vorfall erkannt und als gefährlich eingestuft wird. Ganz gleich, ob es sich um einen Sturz, einen harten Aufprall oder eine kritische Umgebungsbedingung wie eine schnelle Temperaturänderung handelt, das System ist so konzipiert, dass es sofort reagiert, oft noch bevor andere in der Nähe etwas merken.
Viele Jahre lang folgten Verbesserungen der Sicherheit am Arbeitsplatz einem vertrauten Zyklus: Ein Vorfall ereignet sich, er wird untersucht, und dann werden Änderungen vorgenommen, um eine Wiederholung zu verhindern. Dieses Modell hat zwar den Fortschritt vorangetrieben, aber es ist von Natur aus reaktiv und lässt das Potenzial der Technologie außer Acht.
Intelligente Sicherheitssysteme ändern die Gleichung. Anstatt zu warten, bis sich ein Vorfall ereignet, können diese Tools Probleme erkennen, sobald diese auftreten, und ad hoc entschärfen.
Die wichtigsten Vorteile sind:
- Monitoring in Echtzeit: Eingebettete Sensoren sind so konzipiert, dass sie gefährliche Ereignisse wie Stürze, Stöße und abrupte Veränderungen der Bewegungs- und Umgebungsbedingungen sofort erkennen.
- Sofortige Warnungen: In diesem Fall erhalten festgelegte Kontaktpersonen, wie z. B. Vorgesetzte, sofortige Benachrichtigungen, mit der Option, direkt Warnungen an Notdienste für eine professionelle Reaktion zu aktivieren.
- Sicherheit für Alleinarbeiter:innen: In abgelegenen oder risikoreichen Umgebungen verhindert der Sensor, dass eine verletzte Arbeitskraft unentdeckt bleibt.
- Verfolgung kumulativer Auswirkungen: Die fortlaufende Exposition gegenüber niederschwelligen Belastungen wird aufgezeichnet, wodurch langfristig Gesundheitsrisiken ermittelt werden können.
- Datengesteuerte Prävention: Aggregierte, anonymisierte Daten ermöglichen es den Sicherheitsteams, Trends, Gefahrenzonen und Schulungsbedarf zu erkennen.
Anwendungen in der Praxis
Intelligente Helmsysteme könnten sich in Hochrisikobereichen wie dem Tunnelbau, dem Bergbau, der Schwerindustrie und dem Energiesektor als besonders nützlich erweisen.
Möglichkeiten für die Arbeitssicherheit:
- Verbesserte Reaktionsfähigkeit in abgelegenen Gebieten: In schwer zugänglichen Gebieten soll das System als digitale Rettungsleine fungieren und die Teams über ihre Mobilfunkverbindung auf Vorfälle aufmerksam machen bzw., falls kein Signal vorhanden ist, melden, wenn sie nicht innerhalb der vorgeschriebenen Zeit in ihre „sichere Zone“ zurückkehren.
- Umweltüberwachung: Die Sensoren können schnelle Temperaturveränderungen erkennen und Warnungen ausgeben.
- Vorausschauende Sicherheitserkenntnisse: Die aufgezeichneten Daten können Bereiche mit häufigen Zwischenfällen aufzeigen, sodass gezielte Sicherheitsmaßnahmen und verbesserte Schulungen für die Arbeitnehmer:innen möglich werden.
Auf diese Weise bieten intelligente Helme einen doppelten Nutzen: Sie verbessern die Sicherheit bei laufenden Projekten und liefern gleichzeitig Erkenntnisse für die zukünftige Planung und Prävention.
Im Notfall zählt jede Sekunde
In Notfällen ist Schnelligkeit entscheidend. Der Unterschied zwischen einer leichten Verletzung und einem schweren Vorfall kann oft auf die Reaktionszeit zurückzuführen sein. Mit intelligenten Helmen können Warnungen gesendet werden, sobald ein Sensor einen Sturz oder Aufprall erkennt.
Diese Unmittelbarkeit hat das Potenzial, die Notfallmaßnahmen zu optimieren und die Folgen für den Einzelnen zu reduzieren. Sicherheitsverantwortliche werden unmittelbar auf die Situation aufmerksam. Rettungsteams können schneller mobilisiert und Sicherheitsprotokolle mit größerer Präzision aktiviert werden.
Die digitale Transparenz schafft Klarheit darüber, wie, wo und warum es zu Zwischenfällen kommt. Diese Erkenntnisse stärken die Risikokommunikation zwischen der Standortleitung, den Arbeitern:Arbeiterinnen und den Aufsichtsbehörden und fördern so das Vertrauen und die Verantwortlichkeit.
Mehr Fokus auf Prävention von Gehirnverletzungen
Kopfverletzungen am Arbeitsplatz, insbesondere solche, die mit Rotationsbewegungen oder kumulativen Stößen einhergehen, wurden in der Vergangenheit zu wenig beachtet. Die Forschung zu leichten traumatischen Hirnverletzungen (mTBIs) ist mittlerweile jedoch viel weiter. Die Funktionen fortschrittlicher Helme gehen über eine einfache Stoßdämpfung hinaus. Dazu gehören:
- Rotationsaufprallschutz,
wie z. B. das Mips-System - strukturell verstärkte Helmschalen,
wie z. B. von Guardio entwickelt - intelligente Sensoren, die eine schnelle Reaktion und Überprüfung nach einem Unfall ermöglichen, wie von Quin konzipiert
Der moderne Schutzhelm ist nicht mehr nur ein passiver Schutzschild, sondern ein intelligentes, datenerfassendes Gerät, das sowohl das Wohlbefinden des Einzelnen als auch den Einblick in das Unternehmen unterstützt.
Befähigung von Sicherheitsfachleuten
Die Entwicklung intelligenter PSA ist für Fachleute im Bereich Gesundheit und Sicherheit von entscheidender Bedeutung. Ihre Rolle beschränkt sich nicht mehr nur auf die Durchsetzung von Normen, sondern umfasst nun auch die Steuerung von Innovationen, die Interpretation von Daten und die Leitung von Projekten zur digitalen Transformation.
Um sich an die veränderten Anforderungen anzupassen, sollten sich Sicherheitsverantwortliche auf Folgendes konzentrieren:
- Technische Kompetenz: Es geht um das Verstehen der Möglichkeiten und Grenzen intelligenter Sicherheitstools, um seit Langem bestehende Sicherheitsprobleme zu lösen, wie z. B. die Sicherheit von Einzelarbeitern:-arbeiterinnen und die Untererfassung von Vorfällen.
- Aktualisierung von Protokollen: Notfallpläne und Sicherheitschecklisten müssen weiterentwickelt werden, um Echtzeitwarnungen und digitale Sicherheitsüberwachung zu berücksichtigen.
- Personalschulung: Die Teams müssen in die Lage versetzt werden, intelligente PSA effektiv zu nutzen und die daraus gewonnenen Erkenntnisse zu interpretieren.
Letztlich hängt der Erfolg jeder Technologie von den Menschen ab, die sie nutzen. Deshalb steht der Faktor Mensch – Führung, Kultur und Engagement – im Mittelpunkt dieses Wandels.
2025: Ein entscheidendes Jahr für den intelligenten Schutz
Mit der kommerziellen Verfügbarkeit der intelligenten Helmtechnologie im Jahr 2025 vollzieht sich ein bedeutender Wandel. Der intelligente Schutz ist nicht mehr nur auf Pilotprojekte oder Eliteteams beschränkt, sondern wird für Unternehmen aller Größenordnungen, einschließlich kleiner und mittlerer Unternehmen, zugänglich.
Diese breitere Akzeptanz markiert den Beginn eines neuen Sicherheitsparadigmas. Genauso wie gut sichtbare Schutzausrüstung und Gehörschutz im Laufe der Zeit zum Standard geworden sind, werden auch intelligente Helme dazu beitragen, dass Unfälle schneller und effektiver erkannt und bekämpft werden können. Die Sicherheitsplanung kann von Vermutungen zu einer evidenzbasierten Planung übergehen. Die Mitarbeiter:innen können anhand von realen Expositionsdaten geschult werden. Risikobereiche können angegangen werden, bevor es zu Unfällen kommt.
Zusammenfassung:
Der Einsatz von „intelligenter“ persönlicher Schutzausrüstung bedeutet einen Wandel im Bereich Arbeitssicherheit. Unfälle können effektiver verhindert bzw. Risikobereiche schon im Vorfeld schneller erkannt werden. Dadurch wird es möglich, anhand der aufgezeichneten Daten zunehmend vorrausschauend Schutzmaßnahmen zu setzen.