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Erschöpfte Pflegekraft sitzt mit gesenktem Kopf am Boden eines Krankenhausflurs.
© Adobe Stock / D Lahoud/peopleimages.com

Psychische Belastungen

Gewalt am Arbeitsplatz ist keine Privatsache

Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz sind gravierende Probleme, die Gesundheit, Wohlbefinden und Arbeitsleistung der Betroffenen beeinträchtigen. Besonders im Gesundheits- und Sozialwesen ist das Risiko hoch. Unternehmen müssen aktiv für Schutz und Prävention sorgen. „Vision Zero“ bietet dafür ein wirksames Konzept.

Die internationale Initiative „Vision Zero“[1] der IVSS hat zum Ziel, dass Arbeitsunfälle und berufsbedingte Erkrankungen vollständig verhindert werden. Die „7 Goldenen Regeln“ helfen dabei, Präventionskultur im Betrieb zu verankern – von der Gefährdungsbeurteilung bis zur partizipativen Führung. 

Rechtliche Grundlagen und Definition
Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) hat 2019 ein Übereinkommen verabschiedet, das Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz international definiert – als jegliche Handlung oder Bedrohung, die physischen, psychischen, sexuellen oder wirtschaftlichen Schaden verursacht. Diese Definition schließt auch geschlechtsspezifische, rassistische und digitale Gewalt ein.[2]

Pflegekräfte laufen in einer Notfallsituation durch den Klinikflur.
Im Akutfall ist rasches Handeln nötig: Alarm auslösen, betroffene Person schützen und zuständige Stellen informieren. Klar definierte Sicherheits- und Notfall­konzepte erleichtern eine schnelle, koordinierte Reaktion. © Adobe Stock / SneakyPeakPoints/peopleimages.com

Ursachen und Risikofaktoren
Gewalt entsteht selten aus dem Nichts. Risikofaktoren können sein: ungünstige Arbeitsbedingungen (z. B. Alleinarbeit, Nachtarbeit), hohe Belastung, fehlende Führung, aber auch Merkmale der Patienten:Patientinnen (z. B. psychische Erkrankungen, kognitive Einschränkungen). 

Beispiele aus der Praxis
Gewaltsituationen sind vielfältig: aggressive Angehörige in der Notaufnahme, körperliche Angriffe durch demenziell Erkrankte, sexuelle Belästigung in der ambulanten Pflege. Diese Erlebnisse können tiefe psychische Spuren hinterlassen – von Erschöpfung und Schlafstörungen bis hin zur Berufsunfähigkeit.

Folgen für Betroffene und Unternehmen
Betroffene leiden häufig unter psychischen Belastungen. Ihre Arbeitsfähigkeit sinkt, Konflikte im Team nehmen zu, und nicht selten führt ein Vorfall zur Kündigung. Gewalt am Arbeitsplatz hat daher nicht nur individuelle, sondern auch betriebswirtschaftliche Konsequenzen.

Maßnahmen der Gewaltprävention
Die Vision-Zero-Strategie bietet praxisnahe Ansätze in drei Phasen: vor, während und nach einem Gewaltereignis:

  1. Führung zeigen: Unternehmensleitungen müssen klar Stellung beziehen: Null Toleranz gegenüber Gewalt!
  2. Gefährdungsbeurteilung durchführen: Risiken erkennen und geeignete Schutzmaßnahmen entwickeln
  3. Präventionskonzepte erstellen: Definition von Gewalt, Maßnahmen in Akutsituationen, Nachsorge
  4. Technische Maßnahmen: Alarmknöpfe, Notrufsysteme, Zugangskontrollen, bauliche Sicherungen
  5. Organisatorische Maßnahmen: Schichtplanung zur Vermeidung von Alleinarbeit, Übergabeprotokolle, Hausordnungen
  6. Personenbezogene Maßnahmen: Schulungen, Deeskalationstrainings, Unterweisungen, Schutzkleidung
  7. Offene Kommunikation fördern: Gewalt darf kein Tabuthema sein. Mitarbeitende sollen sich sicher fühlen, über Vorfälle zu sprechen.

Handeln im Ernstfall
Im Akutfall muss schnell reagiert werden: Alarmierung, Schutz der betroffenen Person, psychosoziale Betreuung, Rückzugsräume, Dokumentation und Information offizieller Stellen. Auch die Nachsorge ist wichtig: Gespräche, Begleitung, ggf. psychologische Unterstützung. 

Spezifische Schutzmaßnahmen je Arbeitsbereich

  • Krankenhäuser: Zugangskontrollen, sichere Empfangsbereiche, Rückzugsräume, Dokumentation
  • Notaufnahme: bauliche Trennungen, Sicherheitsdienste, Deeskalationstrainings
  • Psychiatrie: zentrale Türsteuerung, gewaltfreie Einrichtung, regelmäßige Supervision
  • Ambulante Pflege: Ersteinschätzungen, Notfall-Apps, klare Aufnahmekriterien
  • Stationäre Pflege: Schulungen im Umgang mit Demenz, regelmäßige Betreuungswechsel
  • Apotheken: Kameras, stille Alarme, Sicherheitskonzepte für Notdienste ●


Zusammenfassung:
Die Vision-Zero-Strategie bietet ein strukturiertes Vorgehen, um nachhaltig für Sicherheit am Arbeitsplatz zu sorgen. Ein konsequenter Umgang mit Gewalt schützt die Gesundheit der Mitarbeitenden, verbessert das Betriebsklima, senkt Fehlzeiten und Fluktuation und stärkt das Vertrauen in die Einrichtung. ●


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