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Person arbeitet spät abends am Laptop in dunkler Umgebung.
© Adobe Stock / qunica.com

Psychische Belastungen

Hass im Netz betrifft auch den Arbeitsplatz

Die Digitalisierung verändert unsere Kommunikation. Nachrichten erreichen uns zeit­versetzt, die direkte menschliche Reaktion fehlt. Gleichzeitig erleichtert die Anonymität im Netz unüberlegte oder aggressive Äußerungen. Die Beratungsstelle ZARA bietet Betroffenen von Hass im Netz juristische und psychosoziale Beratung an.

ZARA (Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit) unterstützt Betroffene und Betriebe durch Beratung und leistet mit ihrer aktiven Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit einen Beitrag zur Prävention von Rassismus und/oder Hass im Netz. Wir haben mit Mag.a Fiorentina Azizi-Hacker, Leiterin der Beratungsstellen von ZARA, über Formen von Hass im Netz und Handlungsmöglichkeiten gesprochen.
Unter Hass im Netz versteht man abwertende, verletzende oder diskriminierende Inhalte, die online verbreitet werden[1]. Laut Azizi-Hacker richtet sich dieser Hass oft gegen Personen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen. Die Angriffe beziehen sich dabei häufig auf Merkmale wie Geschlecht, ethnische Herkunft, Religion, Alter, sexuelle Orientierung oder Behinderung. Ausdrucksformen sind etwa herabwürdigende Kommentare, üble Nachrede, Cyberstalking oder -mobbing – oft anonym veröffentlicht und mit potenziell großer Reichweite.
Hass im Netz richtet sich auch gegen Einzelpersonen. Er entsteht oft aus problematischen, hasserfüllten Offline-Beziehungen heraus. Das heißt, der:die Täter:in kennt die Person und nutzt das Netz als weitere Möglichkeit, die Person zu belästigen und zu kränken. In den Beratungen bei ZARA zeigt sich, dass auch Cybermobbing im Arbeitsumfeld meist nicht im luftleeren Raum online beginnt. 

Rechtliche Relevanz
Hasskommentare im Netz können auch (straf-)rechtlich relevant sein. Bei beleidigenden oder untergriffigen Inhalten wird es davon abhängen, ob diese öffentlich gepostet wurden, also von mehreren Personen gesehen werden konnten. Werden z. B. Beleidigungen in der Kommentarfunktion einer öffentlichen Website online gestellt, könnte man das auch strafrechtlich anzeigen. Wird eine Beleidigung „nur“ in einer Privatnachricht ausgesprochen, dann gibt es einen zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch. Hasskommentare in privaten Nachrichten können allerdings strafrechtlich relevant werden, wenn sie häufiger oder über einen längeren Zeitraum auftreten.

Kontakt
ZARA Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit
Schönbrunner Straße 119/13
Eingang: Am Hundsturm 7
1050 Wien
Telefon: +43 1 929 13 99
zara.or.at

 

Hass im Netz belastet Betroffene
Oft stoßen Betroffene in ihrem Umfeld auf wenig Verständnis – weil andere sagen: „Ist ja nix.“ Es ist eben nicht NICHTS, nur weil es online ist. Besonders belastend für Betroffene ist, dass sie die Beleidigungen nicht abstellen können. 
Azizi-Hacker weist darauf hin, dass eine psychische Belastung, verursacht durch eine negative Online-Situation, auch nicht aufhört, wenn man die Arbeit verlässt, sondern sich zu Hause fortsetzen kann, da man die verletzenden Kommentare und Nachrichten auch zu Hause lesen kann. Auch im Homeoffice ist man dem Hass ausgesetzt. 
Azizi-Hacker betont, wie wichtig es ist, den Betroffenen von Beginn an zu zeigen: „Du bist nicht allein“, und ihnen den Rücken zu stärken. Das Wissen, in einer schweren Zeit Unterstützung zu bekommen, kann für Betroffene unglaublich hilfreich sein.

Auswirkungen von Hass im Netz
Belästigung und Mobbing beeinträchtigen das Wohlbefinden und mindern langfristig die Leistungsfähigkeit der Betroffenen. Hass im Netz kann zu Ängsten im Zusammenhang mit dem Arbeitsumfeld und zu einem Rückzug der Betroffenen führen. Mögliche Folgen sind lange Fehlzeiten und Kündigung. Azizi-Hacker berichtet, dass sich in der Beratungsstelle auch immer wieder Personen melden, die es „nicht mehr aushalten“. Nicht wenige Betroffene sprechen von Suizidgedanken infolge der permanenten Beanspruchung durch Online-Gewalt, der man nicht entkommen kann. 

Wie Betriebe die Mitarbeitenden schützen können
Um Mitarbeiter:innen effektiv vor Hass im Netz schützen zu können, müssen Betriebe ein Konzept ausarbeiten, wie sie (Cyber-)Gewalt verhindern können und wie sie mit gewalttätigem Fehlverhalten umgehen. Eine solche Unternehmensrichtlinie muss Folgendes berücksichtigen:

  • Gewalt mit Organisationsbezug: Gewalt innerhalb des Unternehmens, der Mitarbeiter:innen ausgesetzt sind, weil sie dort arbeiten (z. B. durch andere Mitarbeitende, Kunden:Kundinnen, Patienten:Patientinnen); Verschärft wird diese Situation, wenn es sich bei den Tätern:Täterinnen um Vorgesetzte handelt.
  • Gewalt durch Organisationsfremde, aber mit Bezug zur betroffenen Person: Personen, die nichts mit dem Unternehmen zu tun haben, tragen die Gewalt in das Unternehmen aufgrund der Beziehung oder eines Naheverhältnisses zur betroffenen Person.

Die Lösungsansätze sind unterschiedlich, aber auf jeden Fall sollte Online-Gewalt vom Unternehmen ernst genommen und den Betroffenen Unterstützung angeboten werden:

  • „Zero Tolerance Policy“
  • Einschreiten der Führungskräfte: Sie dürfen Fehlverhalten nicht dulden. Aktives Ansprechen und Unterbinden des Verhaltens ist notwendig.
  • Wichtig ist, die Betroffenen zu informieren, welche Maßnahmen innerbetrieblich gesetzt wurden.
  • Geschulte Ansprechpersonen, an die man sich wenden kann 

Bei Gewalt durch betriebsfremde Personen kann ein Schreiben im Namen des Betriebes, verfasst etwa von dem:der Vorgesetzten oder der Rechtsabteilung, wirksam sein, das mit rechtlichen Schritten droht, wenn die Gewalt nicht beendet wird. ●


Zusammenfassung:
Hass im Netz belastet Betroffene psychisch stark. Die Angriffe können sich auch auf den beruflichen Kontext beziehen. Unternehmen müssen aktiv werden: Sie sollten klare Richtlinien erstellen, geschulte Ansprechpersonen benennen und konsequent eingreifen, um ihre Mitarbeitenden zu schützen. ●


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