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Person arbeitet mit einem kollaborativen Roboter an einer Montageeinheit.
© ZKW Lichtsysteme GmbH

Digitalisierung, Robotik & KI

Kollaborative Roboter: Sichere Zusammenarbeit

ZKW Lichtsysteme setzt in der Produktion kollaborative Roboter mit einem eigens entwickelten Schraubsystem ein. Von Beginn an stand dabei die Sicherheit im Mittelpunkt, Betriebsrat und Sicherheitsfachkräfte wurden frühzeitig einbezogen. Dementsprechend hoch ist die Akzeptanz der Cobots durch die Belegschaft.

Um 2018 erlebten kollaborative Roboter einen regelrechten Hype, erinnert sich Ing. Christian Blamauer, Leiter der Abteilung Sondermaschinenbau bei der ZKW Lichtsysteme GmbH im niederösterreichischen Wieselburg. Cobots wurden als effizient, sicher und – da weder Schutzumhausung noch Sicherheitszaun erforderlich sind – vergleichsweise kostengünstig angepriesen.
Auch ZKW, Hersteller von Beleuchtungs- und Elektronikmodulen für die Automobilindustrie, wollte diese Vorteile nutzen. In einer zweijährigen Vorbereitungsphase wurde geprüft, ob Cobots die optimale Lösung darstellen und welches Modell am besten geeignet ist. Zunächst definierte das Unternehmen den „Use Case“, anschließend erstellte es ein Sicherheitskonzept und darauf basierend eine Bewertungsmatrix zur Auswahl des passenden Cobots für diese Applikation. Die Vorgabe bestand darin, neun Schrauben in einem Leuchtenband innerhalb einer Taktzeit von maximal 70 Sekunden unter Einhaltung der Richtlinien für die Mensch-Roboter-Kollaboration zu verschrauben.

Patentierte Schraublösung
Die Wahl fiel auf das Modell HC10 von Yaskawa. Nun galt es, eine weitere Herausforderung zu meistern: Auf dem Markt war keine für die Anwendung passende Schraubspindel zu finden. Die Mitarbeiter:innen der Abteilung Sondermaschinenbau, die laut Blamauer „Feuer und Flamme“ für das Cobot-Projekt waren, entwickelten und fertigten ein eigenes Schraubsystem. Dieses kam auch für die später angeschafften kollaborativen Roboter von ABB zum Einsatz – und wurde zum Patent angemeldet.
Blamauer beschreibt die Aufgabe, die seine Abteilung zu bewältigen hatte: „Unsere Bauteile und die Schraubspindel haben sehr kleine Kollisionsflächen, was einen hohen Druck zur Folge hat. Daher müssen die Systeme so sensitiv ausgelegt sein, dass keine Verletzungen entstehen können. Wenn die Sensoren des Roboters oder der Schraubspindel einen Widerstand oder eine Kollision bei der Bewegung erkennen, wird diese Information an die fehlersichere Steuerung und den Cobot weitergegeben. Dieser stoppt oder weicht sofort aus.“

Hohe Akzeptanz
Schon in der Planungsphase wurden Betriebsrat und Sicherheitsfachkräfte in das Cobot-Projekt einbezogen. Auch die Beschäftigten in der Produktion, überwiegend Frauen, erhielten frühzeitig Informationen. Die anfängliche Distanz wich rasch einem Vertrauen in den „Roboterkollegen“, der unbeliebte, ergonomisch ungünstige Tätigkeiten übernahm. Eine saubere Austaktung der manuellen und automatischen Arbeitsschritte spielte für die Akzeptanz des Cobots ebenfalls eine wichtige Rolle, betont Blamauer: „Die Mitarbeiter:innen wollen ihre Stückzahl erreichen, daher soll es bei den kollaborativen Robotern keine Stillstände oder Störungen geben.“
Für eine gute Zusammenarbeit von Mensch und Maschine sorgen auch Unterweisungen und Schulungen, die in definierten Intervallen bzw. bei Neuerungen durchgeführt werden. Da ein großer Teil der Beschäftigten eine andere Muttersprache als Deutsch hat, ließ man die Schulungsunterlagen in mehrere Sprachen übersetzen.

Team steht in einer Produktionsumgebung vor einer Anlage und blickt in die Kamera.
Regelmäßige Schulungen fördern eine sichere Zusammenarbeit von Mensch und Cobot. Trotz höherer Anfangskosten zeigen sich Einsparungen und klare Vorteile für die Arbeitssicherheit. © ZKW Lichtsysteme GmbH

Einsatz der Cobots
Im Zuge eines weiteren Entwicklungsprojekts wurde das Sicherheitskonzept überarbeitet, die Bewertungsmatrix für Cobot-Lieferanten:-Lieferantinnen erneuert und das Modell GoFa von ABB ausgewählt. Derzeit befinden sich bei ZKW Lichtsysteme in Wieselburg 29 kollaborative Roboter im Serien- bzw. Vorserieneinsatz. Bei Pick-&-Place-Anwendungen greift der Cobot z. B. mit Saugern den zu bewegenden Bauteil. Bei einer von ZKW Lichtsysteme realisierten Applikation wird ein sogenannter Flexprint auf einer Leuchteinheit vorpositioniert. Während der:die Mitarbeiter:in den ersten Teil fixiert, bewegt sich der Cobot mit dem restlichen Flexprint zur nächsten Ablegeposition.
Ein weiterer Einsatzbereich sind Verschraubungen zum Fixieren unterschiedlicher Komponenten eines Kfz-Hauptscheinwerfers bei beengten Platzverhältnissen. Die Schrauben müssen in verwinkelten Räumen und Vertiefungen präzise eingesetzt werden, ohne die zu verschraubenden Bauteile zu beschädigen. Vereinzelung und Zuführung der Schrauben erfolgen automatisch. Der:die Mitarbeiter:in erteilt nach der Positionierung des Bauteils per Taster die Arbeitsfreigabe für den Cobot. Während dieser die Schrauben eindreht, führt der:die Mitarbeiter:in weitere manuelle Tätigkeiten am Bauteil aus. Auch bei dieser Tätigkeit wechseln sich Mensch und Roboter ab und sind häufig nur wenige Zentimeter voneinander entfernt.

Positive Bilanz
Sechs Jahre nach Einführung der kollaborativen Roboter zieht Blamauer Bilanz: Die Investitionen für die Errichtung der Anlage waren zwar höher als für herkömmliche Industrieroboter, doch im laufenden Betrieb ergeben sich Kosteneinsparungen. Auch im Hinblick auf die Arbeitssicherheit haben sich die Cobots bewährt. Diese Aussage kann DI Dietmar Geyer von der AUVA-Landesstelle Wien nur bestätigen: „ZKW Lichtsysteme ist ein innovatives Unternehmen und sicherheitstechnisch sehr gut aufgestellt.“ ●


Zusammenfassung:
Bei ZKW Lichtsysteme werden kollaborative Roboter mit einem im Unternehmen entwickelten Schraubsystem eingesetzt. Sie übernehmen Tätigkeiten, die für die Beschäftigten ergonomisch ungünstig sind. Die Cobots haben sich hinsichtlich der Arbeitssicherheit und der Wirtschaftlichkeit bewährt. ●


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