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Notfallteam versorgt eine liegende Person im Rettungswagen.
© Adobe Stock / Lightfield Studios

Ergonomie

Rettungsdienst entlasten: Tirol zeigt Lösungen

Die gemeinnützige Tiroler Rettungsdienst GmbH, die den bodengebundenen Rettungsdienst in Tirol organisiert, hat gemeinsam mit der Bezirksstelle Innsbruck des Roten Kreuzes die körperlichen Belastungen im Rettungsdienst mit den Leitmerkmalmethoden erhoben. Die AUVA hat diese komplexe Bestandsaufnahme mit einem AUVAfit-Projekt unterstützt.

Das Rote Kreuz in Tirol ist seit vielen Jahren darum bemüht, die Belastungen im Rettungsdienst zu reduzieren. In den Bezirksstellen Innsbruck, Kitzbühel und Telfs wurden zwischen 2016 und 2019 verschiedene Maßnahmen umgesetzt – so wurde in Telfs ein hochwertig gestalteter Ruheraum geschaffen, es fanden Schulungen zum rückengerechten Arbeiten statt, die Bildschirmergonomie wurde verbessert. 
Das Feedback zu diesen Projekten ergab allerdings einheitlich, dass der Arbeitsplatz „draußen“ – also im Rettungswagen, bei immer unterschiedlichen Bedingungen im Krankentransport und bei den Rettungseinsätzen – die eigentliche (körperliche) Belastung darstellt und hierfür technische Lösungen gefragt sind. 
Dieser Forderung kam die 
gemeinnützige Tiroler Rettungsdienst GmbH gemeinsam mit der Bezirksstelle Innsbruck im Zuge eines AUVAfit-Projektes nach. So stellte sich die daraus entstandene Steuergruppe die Frage, ob die körperlichen Belastungen im Rettungsdienst im gesetzlichen Rahmen liegen, beziehungsweise, welche Maßnahmen erforderlich sind, um den Arbeitnehmer:innenschutz zu gewährleisten. 

Ablauf der Erhebungen
Zunächst schlüsselte die Steuergruppe die häufigsten Teiltätigkeiten im Krankentransport und im Rettungsdienst auf, um diese dann mit den Leitmerkmalmethoden[1] einzustufen. Die einzelnen Teiltätigkeiten variierten in beiden Bereichen situationsbedingt sehr stark. Ziel war es, die häufigsten Varianten abzubilden. 
Für eine realistische Einschätzung der Zeitdauer und der Häufigkeiten (Wie oft wird der Tragstuhl in einer Dienstschicht angehoben? Wie weit sind die Wege, die die Trage geschoben wird?) wurde das Dienstleistungscontrolling der gemeinnützigen Tiroler Rettungsdienst GmbH eingebunden. Zusätzlich wurde ein Online-Fragebogen erstellt, um u. a. den Mobilitätsgrad der Patienten:Patientinnen oder die Anzahl der Tragestrecken in nicht-barrierefreien Stiegenhäusern einstufen zu können. Erst durch diese Daten – insgesamt wurden 647 Fragebögen ausgefüllt – konnten die Zeitwichtungen der Leitmerkmalmethoden eingestuft werden. 

Balkendiagramm zu körperlichen Belastungsarten im Kranken- und Rettungstransport nach Geschlecht.
Zusammenfassung der körperlichen Belastung pro Belastungsart @Barbara Baumgartner

Ergebnisse der Erhebungen
Die Ergebnisse der einzelnen Leitmerkmalmethoden zeigen, dass die Belastung bei jenen Teiltätigkeiten besonders hoch ist, bei denen der:die Patient:in getragen bzw. angehoben werden muss. Für Frauen sind Belastungen im Rettungsdienst besonders dramatisch. Nur vier der zehn bewerteten Teiltätigkeiten sind mit einer „mäßig erhöhten“ Belastungshöhe beurteilt, alle anderen sind als „wesentlich erhöht“ oder als „hoch“ eingestuft.  
Die Erhebungen der Belastungssituation zeigen, dass die Belastungen sowohl im Rettungsdienst als auch im Krankentransport, unabhängig vom Geschlecht, die gesetzlich zulässigen Werte überschreiten. In § 64 Abs. 3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz steht dazu: „[…] Arbeitgeber haben dafür zu sorgen, dass es bei den Arbeitnehmern nicht zu einer Gefährdung des Bewegungs- und Stützapparates kommt oder dass solche Gefährdungen geringgehalten werden, indem sie unter Berücksichtigung der Merkmale der Arbeitsumgebung und der Erfordernisse der Aufgabe geeignete Maßnahmen treffen.“
Folglich kam die Steuergruppe zum Schluss, dass dringend Maßnahmen zu setzen sind, um diese Belastungen zu reduzieren. Da es für gewisse Belastungsspitzen allerdings nur eingeschränkt technische Lösungen geben wird (zum Beispiel für das Anheben von Patienten:Patientinnen in einer Notfallsituation vom Boden weg), ist es umso wichtiger, für wiederkehrende Standard-Teiltätigkeiten (wie den Patienten-:Patientinnen-Transport in nicht-barrierefreien Wohnhäusern) technische Mittel bereitzustellen, um die körperlichen Belastungen in Summe zu reduzieren.

Maßnahmen in Tirol
Tirol befindet sich 2025 in der Testphase für technische Maßnahmen. Elektrohydraulische Fahrtragen und elektrische Raupentragestühle werden getestet, bevor ab 2026 die Umrüstung beginnt. Es ist aus technischen und aus finanziellen Gründen nicht möglich, in der laufenden Fördervertragsperiode (bis 2030) alle Fahrzeuge mit neuen Hilfsmitteln auszustatten. 
Das Zentral-Arbeitsinspektorat und die Arbeiterkammer haben diese „Tiroler Erkenntnisse“ in zwei Veranstaltungen bundesweit vorgestellt. Als nächster Schritt sind nun auch die anderen Bundesländer gefordert, ihrer Verantwortung nachzukommen und Maßnahmen zu ergreifen, um die Belastungen im gesetzlichen Rahmen zu halten.●


Zusammenfassung:
Die gemeinnützige Tiroler Rettungsdienst GmbH hat mit dem Roten Kreuz Innsbruck und Unterstützung der AUVA die körperlichen Belastungen im Rettungsdienst erhoben. Da diese teils über dem gesetzlich zulässigen Rahmen liegen, führt Tirol bis 2030 technische Entlastungen wie elektrohydraulische Tragen ein. Arbeiterkammer und Zentral-Arbeitsinspektorat fordern nun ähnliche Maßnahmen österreichweit. ●


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